Erst das Land
Popf-an-Kopf-Rennen, Herzschlag-Finale, alles offen – spätestens am Sonntag sind alle Spekulationen über den Ausgang der Landtagswahl in Niedersachsen Makulatur. Die Wähler haben das Wort. Bleibt zu hoffen, dass möglichst viele Bürger von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen, auch wenn der letzte Gang an die Wahlurnen für den Bundestag erst drei Wochen zurückliegt. Landespolitik betrifft jeden. Wer nicht wählt, überlässt anderen die Entscheidung. Und diese scheint knapp genug: Kommt SPDMinisterpräsident Stephan Weil als Sieger durchs Ziel, oder schafft CDU-Herausforderer Bernd Althusmann einen Regierungswechsel in Hannover?
Mit ziemlicher Sicherheit lässt sich nur vermuten, dass in das nächste Parlament mindestens fünf Parteien einziehen – mit der AfD als zusätzlicher Fraktion. Eventuell wird daraus auch ein Landtag mit sechs Parteien, sollte die Linke den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen. Ebenso ziemlich sicher: Weder ein bürgerlich-liberales noch ein sozialdemokratisch-ökologisches Bündnis dürften eine Mehrheit bekommen.
Vieles spricht für komplizierte Koalitionsverhandlungen. Denn in der Landeshauptstadt kursiert derzeit der offenbar ansteckende Virus „Ausschließeritis“. Die SPD will auf keinen Fall in eine Große Koalition mit einem Ministerpräsidenten Althusmann eintreten, die FDP lehnt jeden Gedanken an eine Ampel-Koalition mit SPD und Grünen ab – wegen der Grünen. Die FDP hätte aber wenig Einwände gegen eine Jamaika-Koalition mit der CDU und den gleichen Grünen. Schleierhaft, welcher Logik dieser FDPSpagat folgt – gute Grüne, wenn mit der CDU, und schlechte Grüne, wenn mit der SPD in einem Boot?
An dieser Stelle sei ein Blick in die Verfassung gestattet. Danach wirken die Parteien an der politischen Gestaltung eines Landes mit. Aktiv. Nicht im Schmollwinkel. Das Motto lautet: Erst das Land, dann die Partei. Das gilt für alle.
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