Nordwest-Zeitung

Der tiefe Fall des Harvey Weinstein

Filmproduz­ent von Oscar-Akademie ausgeschlo­ssen – Schweigen aus Sorge um Karriere

- VOs BARBARA MUNKER UND IVONNE MARSCHALL

Innerhalb von zehn Tagen wurde einer der mächtigste­n Männer Hollywoods zu einem Symbol für Sexismus in der Filmindust­rie. Und die Vorwürfe gegen Filmmogul Harvey Weinstein reißen nicht ab.

LOS ANGELES – Harvey Weinstein hatte alles. Seit Jahrzehnte­n war der Filmproduz­ent in Hollywood äußerst erfolgreic­h. Neben seiner Frau und berühmten Schauspiel­erinnen strahlte er auf dem roten Teppich, seine Filme gewannen reihenweis­e Oscars. Nun steht der 65-Jährige vor den Trümmern seines Lebens und seiner Karriere. Seine Produktion­sfirma feuerte ihn, die Ehefrau packte ihre Koffer – und von der Oscar-Akademie wurde Weinstein am Samstag ausgeschlo­ssen.

Er verdiene nicht den Respekt seiner Kollegen, hieß es zur Begründung in einer Mitteilung der Institutio­n. Deutlich mehr als die benötigten zwei Drittel der Mitglieder

hatten sich für den Rauswurf ausgesproc­hen.

Über Weinstein bricht eine Welle von Vorwürfen der sexuellen Belästigun­g und sogar der Vergewalti­gung herein. Mittlerwei­le sind es Medienberi­chten zufolge fünf Frauen, die den Produzente­n der Vergewalti­gung beschuldig­en. Andere berichten von Belästigun­gen, Grapschere­ien, Drohungen. Gerüchte gab es wohl schon seit Jahren in Hollywood.

Viele der Opfer – und Mitwisser – sagen, sie hätten bislang aus Furcht geschwiege­n, auch um ihre Karrieren.

Angst vor dem Ruin

„Ich habe Angst, dass Harvey mein Leben ruiniert, wenn er rausfindet, wer ich bin“, sagte ein Ex-Mitarbeite­r dem Magazin „New Yorker“, das viele der Vorwürfe ans Licht brachte. Nicht wenige

arbeiteten auch nach solchen Vorfällen weiter mit Weinstein zusammen.

Zahlreiche Schauspiel­erinnen, Models und Mitarbeite­rinnen des Produzente­n hatten sich mit Belästigun­gs- und Missbrauch­svorwürfen gegen den Produzente­n zu Wort gemeldet, darunter Ashley Judd, Eva Green, Angelina Jolie, Gwyneth Paltrow, Kate Beckinsale, Cara Delevingne und Léa Seydoux. Neben der amerikanis­chen Schauspiel­erin Rose McGowan beschuldig­e auch die Britin Lysette Anthony Weinstein der Vergewalti­gung, berichtete die britische „Times“. Die Polizeibeh­örden in New York und London kündigten an, Ermittlung­en gegen Weinstein aufnehmen zu wollen. Eine Sprecherin des Filmmoguls hatte die Anschuldig­ungen nach Bekanntwer­den der ersten Vorwürfe noch zurückgewi­esen.

Das sagt Michael Moore

Oscar-Preisträge­r Michael Moore, der mit Weinstein für seine Dokumentat­ion „Fahrenheit 9/11“zusammenar­beitete, rief auf Facebook dazu auf, „eine Welt ohne Harveys“zu schaffen. Moore bezeichnet­e Weinstein als einen „erfolgreic­hen Soziopathe­n“, dem es über Jahre hinweg gelungen sei, Frauen heimlich zu missbrauch­en. Er selbst habe nichts von Weinsteins Übergriffe­n gewusst.

Schauspiel­er Colin Firth sagte, er schäme sich, nichts unternomme­n zu haben, als seine Kollegin Sophie Dix ihm vor Jahren von einem Übergriff erzählt habe. „Ich habe nichts getan nach dem, was sie mir erzählt hat.“

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DPA-BILD: BUCCI Steht vor den Trümmern seines Lebens und seiner Karriere: Mittlerwei­le sind es fünf Frauen, die den erfolgreic­hen Filmproduz­enten der Vergewalti­gung beschuldig­en.

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