SPD wittert nach Niedersachsen-Sieg Morgenluft
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BERLIN 9 Am Montag um 10.04 Uhr überreicht Martin Schulz den obligatorischen Blumenstrauß an Niedersachsens Ministerpräsidenten Stephan Weil, den Triumphator aus Hannover. „Lieber Stephan, Du kannst Dir vorstellen, dass ich das heute mit besonderem Vergnügen mache“, fasst SPDChef Schulz im Willy-BrandtHaus seine Erleichterung über den Sieg bei der Landtagswahl im Nordwesten in Worte. Der Bann gebrochen, nach drei verlorenen Landtagswahlen und der am 24. September krachend gescheiterten Kanzlerkandidatur hat Schulz erstmals Grund zu strahlen, freut sich über die „große Ermutigung für die gesamte Partei“.
Die SPD und ihr Chef – schon wieder auferstanden aus Ruinen? Von wegen, mahnt Weil, der große Sieger der Niedersachsen-Wahl, der die Genossen in Hannover nach 19 Jahren wieder zur stärksten Kraft gemacht hatte: Sein Erfolg dürfe „keine Beruhigungspille“sein, macht der Niedersachse Druck auf Schulz und fordert: „Die große und schwierige Aufgabe, den Erneuerungsprozess der SPD in Angriff zu nehmen, beginnt jetzt erst!“
Mehr als ein kräftiges Durchschnaufen bedeutet der
Weil-Coup für Schulz nicht, das ist dem 61-Jährigen klar. Eine „lebhafte, intensive Debatte“habe es in der Vorstandssitzung gegeben, gibt er vor der Hauptstadtpresse zu Protokoll. Teilnehmer berichten von teils erheblichem Frust, der sich entladen habe, von lauten Rufen, das Desaster von der Bundestagswahl wirklich gründlich aufzuarbeiten und nicht nach der Niedersachsen-Wahl zum „Weiter so“überzugehen. Gerüchte
machen die Runde, der Parteichef solle künftig in seiner Funktion „begleitet“und an die kurze Leine genommen werden. Schulz weist die Spekulationen barsch zurück. „Ich kann noch alleine gehen, man braucht mich nicht zu stützen.“
Steh-auf-Mann Schulz: Der in den vergangenen drei Wochen schon angezählte SPDVorsitzende hält sich zugute, die Partei nach dem 24. September zusammengehalten
zu haben. Allein deswegen reklamiert er einen Teil des Niedersachsen-Erfolges für sich. Zugleich macht er am Montagklar, dass er jetzt durchstarten will und Niedersachsen eben keine „Beruhigungspille“für ihn sei: „Mit diesem Sieg ist noch nicht ein einziges Problem, das wir anpacken müssen, aus der Welt“, krempelt er die Hemdsärmel hoch, verspricht die Neuaufstellung der SPD zu einer Fortschrittspartei, die „nicht naiv, aber optimistisch und zupackend ist“.
Eine Verheißung, die es nun mit Inhalt zu füllen gilt. Und dafür will sich Schulz Zeit nehmen. „Ich komme nicht mit einem Zehn-Punkte-Plan um die Ecke“, dämpft er die Erwartungen, schon auf dem Parteitag im Dezember werde er die große Zukunftsvision präsentieren. Zunächst will der Parteichef ab Ende des Monats auf acht Regionalkonferenzen „ohne Journalisten und Kameras“tief in die Seele der Parteibasis hineinhorchen, den Dialog suchen, anstelle die Richtung selbst vorzugeben. Das erinnert an den Start seines Wahlkampfes, als er als frisch gekürter Kanzlerkandidat auch erst wochenlang zuhörte, bis er den ersten Impuls setzte.
Mag Schulz nach der erfolgreichen NiedersachsenWahl auch gefestigt, seine Wiederwahl auf dem Dezember-Parteitag als sicher erscheinen, so wird er doch bald zeigen müssen, wie er die Neuaufstellung der Genossen konkret angehen will. Andrea Nahles, als Fraktionschefin das neue SPD-Kraftzentrum im Bundestag, gönnt sich jedenfalls keine Aufwärmphase. Schon für Dienstag hat sie die Fraktion zur Klausurtagung zusammengetrommelt, um das Profil der SPD als Oppositionsführerin zu schärfen.