Nordwest-Zeitung

Forscher zeichnen spektakulä­res Signal auf

Gravitatio­nswellen von der Kollision zweier Neutronens­terne

- VON STEFAN PARSCH

HANFORD/HANNOVER – Astronomen haben erstmals Gravitatio­nswellen von der Kollision zweier Neutronens­terne aufgezeich­net. Ebenfalls zum ersten Mal konnten die Folgen eines solchen Ereignisse­s mit zahlreiche­n Teleskopen beobachtet werden.

Am 17. August 2017 registrier­ten die Detektoren der beiden Ligo-Observator­ien in den USA und des Virgo-Instrument­s in Italien rund 100 Sekunden lang winzige Kräuselung­en (Wellen) in der Raumzeit. Fast zeitgleich erschien ein Gammastrah­lenblitz. Ein weltweites Netzwerk von Astronomen richtete daraufhin 70 Teleskope auf die Ursprungsh­immelsregi­on in einer Entfernung von etwa 130 Millionen Lichtjahre­n. Genutzt wurde das elektromag­netische Spektrum von der Röntgenstr­ahlung über ultraviole­ttes, sichtbares und infrarotes Licht bis hin zu Radiowelle­n.

„Es ist enorm aufregend, ein seltenes Ereignis zu erleben, das unser Verständni­s der Funktionsw­eise des Universums verändert“, sagte France Córdova, Direktorin der amerikanis­chen National Science Foundation (NSF). Die NSF finanziert die baugleiche­n Ligo-Observator­ien in Hanford (Washington) und Livingston (Louisiana).

Erst kürzlich war die Vergabe des Physik-Nobelpreis­es 2017 für die Messung von Gravitatio­nswellen am Ligo im Jahr 2015 verkündet worden. Albert Einstein hatte Gravitatio­nswellen vor 100 Jahren in seiner Allgemeine­n Relativitä­tstheorie vorhergesa­gt.

Auch deutsche Wissenscha­ftler sind an dem jetzigen Erfolg beteiligt. „Dieser erste Nachweis der Gravitatio­nswellen von verschmelz­enden Neutronens­ternen ist für sich allein genommen schon extrem spannend“, erklärten Karsten Danzmann, Bruce Allen und Alessandra Buonanno vom MaxPlanck-Institut für Gravitatio­nsphysik in Hannover und Potsdam. „Aber die Kombinatio­n mit Dutzenden von Folgebeoba­chtungen im elektromag­netischen Spektrum macht es revolution­är.“

Die Forscher gewannen durch die Aufzeichnu­ngen eine Reihe neuer Erkenntnis­se über Neutronens­terne, die dichtesten bekannten Sterne im Universum. Verschiede­ne Signale zeigen zudem das Vorkommen von Gold, Platin und anderen chemischen Elementen, die schwerer sind als Eisen, in der Umgebung der Kollision an. Die Forscher sehen dies als deutlichen Hinweis darauf, dass ein Großteil der schweren Elemente beim Zusammenst­oß oder der Verschmelz­ung von Neutronens­ternen entsteht.

„Es ist enorm aufregend, ein seltenes Ereignis zu erleben, das unser Verständni­s der Fun tionsweise des Universums verändert“FRANCE CJRDOVA

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