Nordwest-Zeitung

Amerikanis­cher Schriftste­ller kommt auf den Hund

John Fantes wunderbare­r Roman „Westlich von Rom“nach langer Zeit wieder lieferbar

- VON REINHARD TSCHAPKE

AUGSBURG – Dan Lann es nicht oft genug verkünden: John Fante ist neben Jerome D. Salinger einer der bekanntest­en unbekannte­n Autoren der USA. Charles Bukowski liebte Fante, besuchte ihn am Totenbett, hielt ihn sogar für einen Gott. Das ist etwas übertriebe­n und führt vielleicht auf eine völlig falsche Spur: Fante ist in seinen Formulieru­ngen längst nicht so abfällig, nicht so hart, nicht so böse, nicht so sexorienti­ert wie Bukowski.

Fante (1909–1983) ist heiterer und weniger zynisch. Aber eines verbindet Fante gewiss mit Bukowski: Beide können große, wichtige, tolle Geschichte­n in einfachen, klaren, schönen Worten und Sätzen erzählen, die dann einen Sog entwickeln. Ein weiteres Beispiel für diese Prosa – Anfang 2017 erschien bereits das Buch „1933 war ein schlimmes Jahr“– ist nun der kleine Roman „Westlich von Rom“.

Er erzählt wirbelig die Geschichte des Drehbuchsc­hreibers Henry M. Molise in Hollywood. Der hat vier verwöhnte, erwachsene Kinder (zumindest von den Jahren her), eine zickige Frau, ein großes Haus und dauernd Geldproble­me. Als wäre das noch nicht genug, kommt noch ein zotteliger, riesiger Hund hinzu, der plötzlich im Garten rumliegt und die Familie spaltet: die einen wollen die Töle loswerden, ein Sohn liebt den Köter, der den treffenden Namen Stupid bekommt.

Der Ich-Erzähler selbst schwankt in der Stimmung, je nachdem, was der Hund gerade anstellt in Nachbarsch­aft, Wohnung und Familie.

Mit immer mehr Problemen wächst bei Molise, der eigentlich nicht mehr miserable Drehbücher, sondern endlich Romane schreiben will, die Lust, abzuhauen, der verrückten Familie zu entfliehen und in Rom einen Cappuccino zu schlürfen . . .

„Westlich von Rom“ist ein wunderbar zu lesendes Buch mit knackigen Dialogen, witzigen Szenen, feiner Selbstiron­ie und einfachen Sätzen wohltuend jenseits von teutonisch­er Lebensgrüb­elei. Wie in „Arturo Bandini“, einem der berühmtest­en Romane von Fante, ist der Held dauernd pleite.

Es geht bei dem italienisc­hstämmigen Fante generell um Einwandere­r, die sich in einer angelsächs­isch dominierte­n Welt Ruhm und Reichtum erkämpfen wollen – ein Kosmos, der sich in allen Büchern Fantes findet, eine Feier des glänzenden Elends und peinlichst­er Szenen.

Leider gibt es von Fante jetzt fast nichts mehr zu entdecken: Er gab sich nach Rückschläg­en der Verlockung Hollywoods hin und schrieb nur Drehbücher. „1933 war ein schlimmes Jahr“, erst kürzlich erschienen, entstand zum Beispiel 1963 und keiner wollte das Buch damals drucken. Es landete in der Schublade und wurde nach dem Tod des Autors wiederentd­eckt.

Fante starb, verbittert und erblindet, am 8. Mai 1983. Sein Ruhm setzte später ein. „Westlich von Rom“erschien erst 1986, also nach dem Tod des Autors. Eine erste deutsche Auflage gab es 1987. Die ist längst vergriffen. Nun darf man sich 30 Jahre später über die Neuauflage freuen.

John Fantes Buch „Westlich von Rom“ist im Augsburger Maro-Verlag erschienen, es wurde von Doris Engelke aus dem amerikanis­chen Englisch übersetzt, hat 215 Seiten und kostet 18 Euro.

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REPRO: PRIVAT Buchumschl­ag des Romans

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