Viel Lebendigkeit hinter starr scheinenden Formen
.m Kleinen Haus werden Fugen in natürlicher Spannung lebendig – Bandoneon als Farbtupfer
OLDENBURG – Ein pfiffiger Fliesenleger hat einmal glatt mit Johann Sebastian Bach geworben. „Die Kunst der Fuge“hat er seinen Laden genannt. Für den Fall, dass er seine Fliesen so passsicher zugeschnitten hat wie der Komponist seine Themen, muss er ein sehr guter Handwerker gewesen sein.
Und wenn er sie zudem so präzise miteinander verfugt hat, wie Musiker des Staatstheaters im 2. Kammerkonzert, dann mag er über seine technischen Fertigkeiten hinaus auch mit Kunstsinn gesegnet gewesen sein.
Wie viel an Emotion und Lebendigkeit in starr und abweisend scheinenden Formen stecken können, demonstrieren im gut besetzten Kleinen Haus Marijke Tjoelker und Rolf Seeber (Violinen), Petia Rousseva (Viola) und Juliane Asche. Fünf ContrapunctusVarianten aus Bachs grundlegendem Werk haben sie gewählt. Mit vibratolosem Spiel heben sie die Stimmführungen plastisch hervor. Und weil sie nichts unangemessen dramatisch zuspitzen, entsteht aus der Musik heraus eine ganz natürliche Spannung.
Das sind Gestaltungen, die auch einer Fuge von Girolamo Frescobaldi zur Ehre gereichen, oder jenem Werk, das Jean Sibelius seinem Geigenlehrer Martin Wegelius gewidmet hat.
In besonderer Lebhaftigkeit zeichnen sie vier Fugen des jungen Mendelssohn-Bartholdy. Zudem erweisen sich Passacaglia und Fuge von Hans Krása von 1944 als dramatisch aufgeladenes Stück, in dem die strikten Formen nur ein Korsett bilden.
Ins Auge springend bunt wirken Mosaike, die Joaquín Alem und Astor Piazzolla entworfen haben. Alem fügt sich als Bandoneon-Spieler ebenso in die Streicher-Formation ein wie Niklas Heide (Kontrabass) und Akiko Nozue (Klavier). Alem (42), der in Oldenburg lebende Argentinier, entlockt bei aller Virtuosität und Klarheit dem Bandoneon eben jene verhuschten Klänge, die zur Seele des Instruments gehören. Gedeckte Farben breitet er in seinem in diesem Konzert uraufgeführten „Introdución y Contemplar“aus, mit vielen geheimnisvollen Schwebetönen, Instrumenten-Mischungen und Zuspitzungen. Auch Piazzolla beherrscht die Fugen-Form, höchst lebhaft in „Fugata“. Aber er versteckt sie hinter lebensfrohen Bildern und und packenden Tango-Rhythmen bei „Contrabajisimo“oder Affekten in „Muerto del Angel“.
Hat da jemand zwischendurch etwas von drögen Konstruktionen gesagt, in denen vier Stimmen ineinander greifen, was gelehrig wirkt, aber langweilig ist?