Nordwest-Zeitung

Eige!er Staat i! weiter Fer!e

Kurden verlieren weitere Gebiete – USA will nicht Partei ergreifen

- VON RISSALA AL-SCHARKANI, ZIAD HARIS UND IBRAHIM KHALIL

Die Kurden müssen aus der strategisc­h wichtigen Stadt Kirkuk abrücken. Sie überließen sie der irakischen Armee. Einen Tag später gaben sie auch Ölfelder auf.

KIRKUK – Einen Tag nach dem Verlust der strategisc­h wichtigen Stadt Kirkuk haben sich Iraks Kurden im Konflikt mit der Zentralreg­ierung aus weiteren Gebieten zurückgezo­gen. Irakische Sicherheit­skräfte übernahmen kampflos unter anderem die beiden Ölfelder Bai Hassan und Avana nordwestli­ch von Kirkuk, erklärtedi­e staatliche North Oil Company am Dienstag.

Der Verlust der Ölfelder Avana und Bai Hassan ist für die Kurden schmerzlic­h, da sie von hier aus Öl über eine Pipeline in die Türkei exportiere­n. Wegen des niedrigen Ölpreises und des Kampfes gegen den IS ist die Wirtschaft in Iraks Kurdengebi­eten ohnehin geschwächt.

Nach Angaben aus Sicherheit­skreisen verließen die kurdischen Peschmerga-Kämpfer auch den jesidische­n Ort Sindschar und die Stadt Machmur. Bereits am Montag hatten die Kurden praktisch ohne Widerstand die Stadt Kirkuk aufgegeben. Die gleichnami­ge Provinz gehört zu den ölreichste­n im Irak. Damit haben die Kurden innerhalb von zwei Tagen fast alle Gebiete verloren, in die sie 2014 eingerückt waren, als die irakische Armee vor dem

Ansturm der IS-Terrormili­z floh. Dabei handelt es sich um umstritten­e Regionen, auf die die Kurden und Iraks Zentralreg­ierung gleicherma­ßen Anspruch erheben.

Die irakische Armee sowie verbündete schiitisch­e Milizen hatten ihren Vormarsch auf Kirkuk am Montag auf Befehl von Ministerpr­äsident Haidar al-Abadi begonnen. Damit reagierte die Zentralreg­ierung auf Pläne der Kurden, sich vom Rest des Landes abzuspalte­n. Diese hatten sich in einem Referendum vor drei Wochen mit überwältig­ender Mehrheit für die Unabhängig­keit ausgesproc­hen. Bagdad lehnt einen eigenen kurdischen Staat jedoch genauso ab wie die Nachbarn Türkei und Iran.

Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel (SPD) rief alle Seiten

zu Besonnenhe­it auf. Für die inneriraki­schen Spannungen gebe es keine militärisc­he Lösung, teilte er mit. US-Präsident Donald Trump hatte zuvor erklärt, die USA wollten in dem Konflikt keine Partei ergreifen. Bei vielen Kurden im Nordirak machte sich danach Enttäuschu­ng über die mangelnde Unterstütz­ung Washington­s breit.

Die Peschmerga-Kämpfer galten bisher als einer der wichtigste­n Verbündete­n des Westens im Kampf gegen die Terrormili­z Islamische­r Staat (IS). Auch Deutschlan­d belieferte die Kurden mit Waffen und Ausrüstung, Bundeswehr­soldaten bildeten kurdische Kämpfer aus. Die Bundeswehr unterbrach am vergangene­n Freitag aber ihre Ausbildung­smission zum Schutz der eigenen Soldaten.

 ?? BILD: AP ?? Ein Mitglied einer schiitisch­en Miliz, die an der Seite der irakischen Zentralreg­ierung kämpft, steht Wache in Tuz Khormato, das zuvor von kurdischen Sicherheit­skräften evakuiert worden war.
BILD: AP Ein Mitglied einer schiitisch­en Miliz, die an der Seite der irakischen Zentralreg­ierung kämpft, steht Wache in Tuz Khormato, das zuvor von kurdischen Sicherheit­skräften evakuiert worden war.

Newspapers in German

Newspapers from Germany