„So zügig wie möglich, so gründlich wie nötig“
Grünen-Chef Özdemir spricht über die anstehende Regierungsbildung
FRAGE: He&& Özdemir, an diesem Mittwoch beginnen die Sondierungsgespräche von Union, FDP und Grünen für eine mögliche &amaika-Koalition. Wie stehen die Aussichten für dieses Regierungsbündnis? ÖZDEMIR: Wir wollen verantwortungsvoll ernsthafte Gespräche führen. Rote Linien bringen uns nicht weiter. Alle Parteien sollten jetzt von den Bäumen wieder runterkommen, damit wir vernünftig auf Augenhöhe verhandeln können. Ich halte gerne die Leitern. Noch wissen wir gar nicht, ob es mit einer JamaikaKoalition klappen kann. FRAGE: Ein deutscher Außenminister mit türkischen Wurzeln wie Sie wäre für die Grünen doch erste Wahl, oder? ÖZDEMIR: Wir machen bei Postenspekulationen nicht mit. Wir Grünen sind die Partei der ökologischen Modernisierung. Dafür wird die Wirtschaftsund Energiepolitik von ganz entscheidender Bedeutung sein, aber auch eine nachhaltige Landwirtschaftsund Verkehrspolitik. Deutschland muss seine Klimaschutzziele
erreichen. FRAGE: Unionspolitiker drängen darauf, noch in diesem &ahr die Koalitionsverhandlungen abzuschließen. Sollte Weihnachten die &amaika-Regierung stehen? ÖZDEMIR: Wenn jetzt ausgerechnet die Union auf mehr Tempo drückt, ist das ein Witz. Wir hätten längst begonnen haben können. Wir werden uns die Zeit nehmen, die wir brauchen. Für die Sondierungen und Verhandlungen gilt: So zügig wie möglich, aber auch so gründlich wie nötig. FRAGE: Bundeskanzlerin Angela Merkel will das Thema Soziale Sicherheit ganz oben auf die Tagesordnung setzen. Rennt sie damit bei den Grünen nicht offene Türen ein? ÖZDEMIR: Gut, dass jetzt auch die Union wieder das Thema Soziale Sicherheit entdeckt. Wir müssen mehr für die sozial Schwachen tun, für diejenigen, die sich abgehängt fühlen. Das wäre eine angemessene Antwort auf das Erstarken des Rechtspopulismus. Wir müssen diejenigen, die sich als Verlierer in der Gesellschaft fühlen, wieder aktivieren für die Gesellschaft. Wir müssen in die Infrastruktur investieren, die Digitalisierung und Modernisierung unserer Schulen müssen wir konsequent angehen. Wir müssen vor allem Familien und Alleinerziehende gezielt entlasten. Wir brauchen eine große Kraftanstrengung für mehr sozialen Zusammenhalt. FRAGE: In der Verkehrspolitik liegen Welten zwischen der Union und den Grünen… ÖZDEMIR: Dass Herr Dobrindt nicht mehr Verkehrsminister ist, wird uns helfen, Fahrverbote zu verhindern. Wir müssen jetzt so schnell wie möglich den Schalter umlegen, Diesel-Fahrzeuge technisch umrüsten und mehr emissionsfreie Autos auf die Straße bringen. Wir brauchen ein Bündel an Maßnahmen. FRAGE: Die Union hat sich beim Thema 5uwanderung auf eine 6bergrenze verständigt. Ist eine Verständigung auf dieser Grundlage möglich? ÖZDEMIR: Es geht um Humanität und Ordnung. Einschränkungen im Asylrecht wird es mit uns ebenso wenig geben wie eine feste Obergrenze. Wir brauchen bei der Flüchtlingspolitik einen Kompromiss. Immerhin nähert sich die Union langsam an unser Einwanderungsgesetz an. Die FDP hat unsere Forderung bereits übernommen. Wir sollten den Wust an Regelungen in einem gemeinsamen Gesetz zusammenfassen. FRAGE: Was fordern die Grünen darüber hinaus? ÖZDEMIR: Wir müssen die Organisation und Effektivität des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge verbessern. Wir sollten nicht diejenigen, die sich bei uns gut integrieren, abschieben, sondern uns um Straftäter und Gefährder kümmern, die Probleme bereiten. Die europäischen Außengrenzen müssen besser kontrolliert werden. Wir müssen wissen, woher die Menschen kommen und Fingerabdrücke nehmen. FRAGE: Bundesinnenminister Thomas de Maizi7re 89DU: kann sich muslimische Feiertage auch in Deutschland vorstellen. Ein sinnvoller Vorstoß? ÖZDEMIR: Ich sehe keinen Handlungsbedarf. Muslime können sich heute schon an Feiertagen freinehmen. CDU und CSU sollten sich mit uns um die wichtigen Fragen kümmern, allen voran um exzellente Bildung für alle.