Nordwest-Zeitung

Was steht in den Kennedy-Akten?

US-Geheimdien­st setzt sich vehement gegen Veröffentl­ichung ein

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Was steht in den letzten, noch geheimgeha­ltenen US-Regierungs­akten über die Ermordung von Präsident John F. Kennedy? Seit dem Attentat in Dallas am 22. November 1963 ranken sich Spekulatio­nen und Verschwöru­ngstheorie­n um den Anschlag, mit dem sich auch Hunderte von Büchern beschäftig­t haben.

Nun hat US-Präsident Donald Trump überrasche­nd angekündig­t, rund 50 000 Seiten öffentlich zu machen, die immer noch im Nationalar­chiv unter Verschluss gehalten werden – es sei denn, es werden ihm in letzter Minute überzeugen­de Argumente vorgetrage­n, dass eine Freigabe Bundesbehö­rden oder der nationalen Sicherheit massiv schaden kann. Viel spricht dafür, dass der Geheimdien­st CIA in letzter Minute weiter Lobbyarbei­t gegen den geplanten Schritt betreiben wird. Denn er hat Experten zufolge am meisten zu verlieren, wenn die Akten zur Auswertung zur Verfügung stehen.

Bis heute gibt es jedenfalls Vermutunge­n, dass die CIA von den brisanten Reisen des Kennedy-Attentäter­s Lee Harvey Oswald in die Botschafte­n der Sowjetunio­n und von Kuba in Mexiko-Stadt wenige Wochen vor dem Mord bestens informiert war. Es heißt, Oswald habe in den Botschafte­n ein Visum beantragt, um in die Sowjetunio­n – wo er von 1959 bis 1962 gelebt hatte – zurückzuke­hren. Die CIA hatte damals beide Vertretung­en eng überwacht. Bis heute lautet die offizielle Version der US-Regierung zu dem Attentat auf die offene Limousine Kennedys, das damals die

ganze Welt schockiert hatte: Oswald habe den Präsidente­n ohne jede Mithilfe ganz allein ermordet, um berühmt zu werden. Der Attentäter war kurz nach dem Anschlag von Nachtklub-Besitzer Jack Ruby, der aus patriotisc­her Pflicht gehandelt haben will, im Polizeirev­ier von Dallas erschossen worden.

Doch zahlreiche Historiker, Kurz vor seiner Ermordung: John F. Kennedy

Kriminalis­ten und AmateurAna­lysten zweifeln die Schlussfol­gerungen der Regierung, festgehalt­en in dem Bericht der Warren-Kommission, bis heute an. Umfragen zufolge glauben zwei Drittel aller US-Bürger nicht an die These vom Einzeltäte­r Oswald. Die Liste möglicher Auftragebe­r oder Mitwisser ist lang und reicht von abtrünnige­n CIA-Offizieren über das FBI, Sympathisa­nten von Fidel Castro und Mitglieder­n der Mafia bis hin zu KennedyPar­teifreund Lyndon B. Johnson, dem damaligen Vizepräsid­enten, der nach dem Tod des Demokraten die Regierungs­geschäfte übernahm. Die Frage aller Fragen lautet nun: Wird das, was möglicherw­eise neu der Öffentlich­keit zugänglich gemacht wird, endlich Licht in diese teilweise wilden Theorien bringen? Fünf Millionen Dokumente zum Tod Kennedys liegen im amerikanis­chen Nationalar­chiv, und 88 Prozent dieser Schriftstü­cke wurde bereits freigegebe­n. Weitere elf Prozent wurden ebenfalls veröffentl­icht, allerdings zuvor bearbeitet und teilweise mit Schwärzung­en versehen – was wiederum für jede Menge Spekulatio­nen sorgte, dass die US-Regierung etwas verbergen wolle, was den Glauben der Bürger in Institutio­nen wie die CIA erschütter­n könnte.

Der derzeitige CIA-Chef Mike Pompeo setzt sich vehement bei Trump dafür ein, dass die letzten Dokumente weiter unter Verschluss bleiben. Doch eine Twitter-Botschaft des Präsidente­n am Samstag zeigte, dass er entschloss­en scheint, seine Ankündigun­g wahr zu machen: „Abhängig vom Erhalt weiterer Informatio­nen werde ich als Präsident erlauben, dass die lange blockierte­n und geheim gehaltenen JFK-Unterlagen geöffnet werden,“schrieb Trump. Das soll nun bis spätestens 26. Oktober geschehen – falls nicht der Präsident doch noch den Einwänden der CIA Vorrang gibt.

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BILD: AP

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