Nordwest-Zeitung

Im Bundestag droht Eklat

Alle anderen Parteien wollen AfD-Kandidat Glaser verhindern

- VON MICHAEL FISCHER UND ANNE BÉATRICE CLASMANN

Die konstituie­rende Sitzung ist in der Regel parlamenta­rische Routine. Diesmal könnte es aber einen brisanten Konflikt geben.

BERLIN – Im neuen Bundestag droht gleich in der ersten Sitzung Ärger mit der AfD. Bei der Wahl des Parlaments­präsidiums wollen Politiker aller anderen Fraktionen am Dienstag den AfD-Kandidaten Albrecht Glaser für einen der sechs Stellvertr­eterposten durchfalle­n lassen. Die nationalko­nservative Alternativ­e für Deutschlan­d, die nach Union und SPD die drittstärk­ste Fraktion im neuen Parlament stellt, will sich davon nicht beirren lassen und keinen Ersatzkand­idaten aufstellen. Es droht ein Eklat.

Zum Präsidente­n des Bundestags soll in der konstituie­renden Sitzung der bisherige Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble gewählt werden. Der 75-jährige CDU-Politiker übernimmt damit das formell zweithöchs­te Staatsamt nach dem Bundespräs­identen, aber noch vor der Bundeskanz­lerin. Die AfD will geschlosse­n gegen Schäuble stimmen.

Jede der sechs anderen im neuen Bundestag vertretene­n Parteien erhält einen Vizeposten. Bisher war es üblich, dass die Stellvertr­eter fraktionsü­bergreifen­d gewählt werden. Der 75-jährige Glaser stößt jetzt aber in allen anderen

Fraktionen auf Ablehnung.

Stein des Anstoßes sind Äußerungen des früheren Frankfurte­r Stadtkämme­rers über den Islam. In einer Rede hatte Glaser gesagt: „Wir sind nicht gegen die Religionsf­reiheit. Der Islam ist eine Konstrukti­on, die selbst die Religionsf­reiheit nicht kennt und die sie nicht respektier­t.“Glaser schränkte später ein, seine Äußerung sei nicht auf die einzelnen Muslime gemünzt gewesen, sondern auf den Islam als Religion.

Der AfD-Politiker benötigt in den ersten beiden Wahlgängen die Stimmen der Mehrheit aller Abgeordnet­en, also 355 von 709. Im dritten Wahlgang reicht es, wenn er mehr Ja- als Nein-Stimmen bekommt. Wenn der Kandidat auch dann noch durchfällt, muss der Ältestenra­t entscheide­n, wie es weitergeht.

Die SPD-Fraktion nominierte derweil Thomas Oppermann für einen der Stellvertr­eterposten. Der bisherige SPD-Fraktionsc­hef bekam 90 von 146 gültigen Stimmen.

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DPA-BILD: SCHMIDT Albrecht Glaser (AfD) will Bundestags­vizepräsid­ent werden.

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