KINDHEIT IM SCHLOSSGARTEN
Kurt Döding (82) erinnert sich – :traße :chloßwall erst in 60er Jahren gebaut
Der Fernverkehr rollte über den :chlossplatz. Das Haus :chloßplatz 17 wurde 1772 erwähnt.
OLDENBURG – Über den nach historischem Vorbild neu angelegten geschwungenen Weg am Schlossgarten-Eingang beim Pulvertrum kann Kurt Döding nur den Kopf schütteln. „Die Leute werden weiter gradeausgehen und den frisch angesäten Rasen nicht zur Entfaltung kommen lassen“. meint er. Der 82-Jährige wird es wohl wissen, seine Kindheit hat er quasi im Schlossgarten verbracht. Und überhaupt, er hat einen geschwungen verlaufenden Weg an dieser Stelle nicht Erinnerung.
Schuhtechniker
Dödings Vater Hermann war orthopädischer Schuhtechniker an der Nadorster Straße. Den Betrieb hatte er 1920 gegründet. 1937, zwei Jahre nach der Geburt von Sohn Kurt, zog die Familie an den Schloßplatz 17 um. In ein Haus, das im Oldenburger Häuserbuch auf das Jahr 1772 datiert wird. Darin wird der Umbau eines Stalls zum Wohnhaus an dieser Stelle vermerkt. Familie Döding wohnte fortan am Schlossplatz, der damals völlig anders aussah als heute, erinnert sich Kurt Döding.
Der Verkehr von und nach Bremen, Wilhelmshaven oder Leer floss direkt vor dem Schaufenster des Betriebs vorbei. Trollibusse fuhren entlang einer elektrischen Oberleitung nach Kreyenbrück, die Straße Schloßwall gab es noch nicht. Die wurde erst in den 60er-Jahren gebaut, um die Ausweisung der Fußgängerzone vorzubreiten. Auch der Theaterwall im Bereich des Kasinoplatzes sah völlig anders aus, erzählt Döding, der sich noch genau an die Örtlichkeiten erinnern kann. Die Straße führte hinter den Bäumen an den zur Innenstadt gelegenen Häusern entlang. Dort, wo sich der Theaterwall heute befindet, war der Stadtgraben. Die Hausbäke floss am Pulverturm vorbei Richtung Abraham – quasi mitten durch die heutigen Schlosshöfe hindurch.
Kleiner Garten
Dödings Elternhaus hatte einen kleinen Garten mit Rasen und zwei Birnbäumen, der mit einer Mauer vom Schlossgarten abgegrenzt war. Für die Kinder war die Mauer kein Hindernis. Und auch ein weiter dahinter gelegener Zaun bremste den Tatendrang der Jugend nicht. „Wir gruben unter dem Zaun ein Loch, durch das wir in den Schlossarten krochen“, erzählt Döding schmunzelnd. „Den Eingang verdeckten wir mit Brettern und streuten zur Tarnung Laub darüber.“
Waschechter Oldenburger
Kurt Döding ist waschechter Oldenburger. Das Licht der Welt hat er in der damaligen Frauenklinik an der Hunte/ Kanal erblickt, in der sich heute ein Seniorenheim befindet. Seine Kindheit stand aber auch im Schatten des Zweiten Weltkriegs. Kurz vor Kriegsende fand er im Garten ein Flugblatt, das die Kanadier abgeworfen hatten mit dem Text „Oldenburg wollen wir schonen, wollen später drin wohnen“.
Und tatsächlich, im Vergleich zu anderen völlig zerstörten Städten hielten sich die Schäden in Oldenburg in Grenzen – die Stadt wurde kampflos an die anrückenden Kanadier übergeben.
Während des Krieges wohnten im Elisabeth-AnnaPalais vier bis fünf Familien. Auch das Standesamt war darin untergebracht. Die Kutschen mit den Hochzeitspaaren wendeten in einer Art Kreisverkehr, in deren Mitte sich Findlinge und eine Bepflanzung befanden.
Die Straße Am Schloßplatz hatte auch eine Brücke, die über die Hausbäke führte. Der Bürgersteig verlief bis zur Cäcilienbrücke, auch den Paradewall gab es in der heutigen Form als Straße nicht.
An den Ausbau der Wallanlagen zur Verkehrsader erinnert sich Döding noch genau. Plötzlich führte hinter seinem Elternhaus eine Straße entlang und schnitt die Häuser mit ihren Gärten vom Schlossgarten ab. An Protestaktionen seitens der Bevölkerung kann er sich nicht erinnern. Ein Proteststurm hatte sich aber erfolgreich schon einige Jahre zuvor erhoben, als die Stadtplaner eine vierspurige Straße durch die Parkanlage bauen wollten. Für den Bau der Straße Am Schloßwall
wurde der Küchenflügel des Elisabeth-Anna-Palais abgerissen – aus heutiger Sicht unvorstellbar.
Nach dem Krieg hatten sich
im Palais die Soldaten der Besatzungsmächte eingerichtet. In den kalten Wintern liefen sie auf dem Schlossteich Schlittschuh, feierten in einer
kleinen Hütte Feste und leuchteten die Eisfläche mit Scheinwerfern aus, um auch am Abend laufen zu können. „Mit ihren Jeeps rasten sie über die Wege durch den Schlossgarten“, erzählt Döding weiter. „Das passte man so grade.“Nach Abzug der Soldaten kamen in dem historischen Gebäude Heimatvertriebene unter. Die Wiese an der Teich-Balustrade, dort wo heute im Sommer die jungen Leute liegen und spielen, war ein Hundefriedhof.
Auch an den Spielplatz zwischen Teich und Pulverturm erinnert sich Döding. Der war für die Kinder in den 50er Jahren gebaut worden und verschwand ebenfalls mit dem Bau der Straße. Viele Spielgeräte standen darauf, auf denen der Nachwuchs damals herumturnte. Rundherum saßen die Eltern und unterhielten sich. Der Spielplatz war in den 50er Jahren ein echter Treffpunkt, auf dem die NeuOldenburger Kontakte knüpften.
Heute führt Joachim Döding das Geschäft, das er vor 17 Jahren von seinem Vater übernommen hatte. In drei Jahren wird das 100-jährige Bestehen von Döding Orthopädie-Schuhtechnik gefeiert, im angestammten Haus Schloßplatz 17.