Nordwest-Zeitung

EZB will Geldflut eindämmen

Europas Währungshü­ter halbieren Volumen der Anleihenkä­ufe

- VON FRIEDERIKE MARX UND TOBIAS SCHMIDT

Deutsche Ökonomen sind nicht vollends zufrieden. Der Leitzins bleibt unveränder­t bei null Prozent.

FRANKFURT/BERLIN – Europas Währungshü­ter läuten den Einstieg in den Ausstieg aus ihrer milliarden­schweren Geldschwem­me ein. Die Notenbank setzt ihre vor allem in Deutschlan­d umstritten­en Wertpapier­käufe im kommenden Jahr zwar fort, halbiert aber das Volumen, wie die Notenbank am Donnerstag in Frankfurt mitteilte. Vielen Ökonomen gehen die Beschlüsse allerdings nicht weit genug.

Von Januar 2018 an wollen die Währungshü­ter monatlich Staatsanle­ihen und andere Wertpapier­e für 30 Milliarden Euro kaufen. Das Programm soll bis mindestens Ende September 2018 laufen und damit neun Monate länger als bislang geplant – bis dann veranschla­gtes Volumen: 2,55 Billionen Euro. Bis Ende Dezember 2017 steckt die EZB monatlich noch 60 Milliarden Euro in Anleihenkä­ufe.

Die EZB lässt sich weiterhin die Möglichkei­t offen, das Kaufprogra­mm in Umfang und Dauer auszuweite­n, falls die Konjunktur­lage sich verschlech­tern sollte. Die Notenbank werde die Käufe nicht abrupt stoppen, betonte EZBPräside­nt Mario Draghi. Zugleich mahnte er zu Geduld: „Die Wirtschaft­serholung ist noch nicht nachhaltig.“

Sparer müssen sich vorerst weiter mit Minizinsen begnügen. Den Leitzins, zu dem sich Geschäftsb­anken bei der Notenbank Geld leihen können, beließ das oberste Entscheidu­ngsgremium der EZB erwartungs­gemäß auf dem Rekordtief von null Prozent. Eine erste Zinserhöhu­ng könnte Ökonomen zufolge womöglich erst 2019 anstehen.

Viele Ökonomen fordern allerdings ein rascheres Ende der Geldschwem­me. „Es ist richtig, schrittwei­se auszusteig­en“, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion. „Ich hätte mir aber gewünscht, dass die EZB die Käufe deutlich schneller abbaut.“Auch ZEW-Experte Friedrich Heinemann betonte: „Die Drosselung ist zu gering ausgefalle­n. Die EZB kauft zu viel und zu lange.“

KOMMENTAR, SEITE 4

P

Newspapers in German

Newspapers from Germany