Nordwest-Zeitung

Weil verteidigt SPD-Chef Schulz

„Kompetenz für Wirtschaft und Arbeit“

- VON GUNARS REICHENBAC­HS, BÜRO HANNOVER

AURICH/BERLIN – Im Streit um den künftigen Kurs der SPD stützt Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) nachdrückl­ich den SPD-Vorsitzend­en Martin Schulz. Weil warnt die SPD, die Niederlage bei der Bundestags­wahl „einzig und allein an der Person des Parteivors­itzenden festzumach­en“. Und an die Schulz-Kritiker gewandt, ergänzte Weil auf dem SPD-Bezirkspar­teitag WeserEms in Aurich: „Die niedersäch­sische SPD steht hinter Martin Schulz und sie wird ihn weiter unterstütz­en.“ Niedersach­sens SPD-Chef Stephan Weil in Aurich

Der Ministerpr­äsident forderte zugleich einen „Erneuerung­sprozess“der SPD – „solidarisc­h und gemeinsam“. Die Frage müsse geklärt werden, „wie eine linke Volksparte­i Wahlen gewinnen kann“. In diese Debatte werde sich die Niedersach­sen-SPD „sehr aktiv einmischen“, kündigte Weil unter dem großen Beifall der Delegierte­n an. Es gelte eine „sehr alte Wahrheit“, so Weil: „Wahlen werden in der gesellscha­ftlichen Mitte gewonnen – mit Kompetenz für Wirtschaft und Arbeit.“Er forderte: „Die SPD muss die Partei der Kümmerinne­n und Kümmerer sein. Andere mögen die besseren Erklärer sein, wir müssen Kümmerer sein.“Weil sieht eine erfolgreic­he SPD, wenn die Partei „den direkten Austausch mit den Bürgern pflegt“. NIEDERSACH­SEN, SEITE 6

Der Regier)ngschef adelt Lies )nd Pistori)s als „tragende Sä)len“. Siebels gehöre die Z)k)nft.

AURICH/HANNOVER – LiNerDisku­ssion um eine künftige Koalitions­regierung in Niedersach­sen bemüht Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) auf dem SPD-Bezirkspar­teitag Weser-Ems am Samstag in Aurich eine niedersäch­sische Weisheit: „Man kann nur mit den Bräuten tanzen, die auf der Hochzeit sind.“Der Saal lacht. Die Genossen verstehen. Weil hat bis zu diesem Zeitpunkt seiner Rede noch nicht einmal den Begriff Große Koalition benutzt. Aber jeder auf dem Parteitag weiß, wohin die Reise in der Landeshaup­tstadt gehen wird.

Regierungs­bildung sei eine Art „Denksporta­ufgabe“, schmunzelt Weil und legt die Puzzelteil­e auf den imaginären Tisch. Von der SPD werde nach dem Sieg bei der Landtagswa­hl „eine handlungsf­ähige und starke Regierung erwartet“. Natürlich hätte er gerne „Rot/Grün fortgesetz­t“, räumt Weil ein. Es fehlen zwei Stimmen an der Mehrheit. Und eine „Ampel“-Koalition aus SPD, Grünen und FDP, Weils „zweite Präferenz“wegen „großer Schnittmen­gen“, scheitert an der sich weigernden FDP – siehe Hochzeit und Braut. „Eine Minderheit­sregierung müsste für jeden Vorschlag um Zustimmung im Parlament betteln“, schließt Weil diese Variante aus: „Wir sind keine Zocker, das wäre kein guter Weg“.

Bleibt die CDU. „Der Gedanke löst Schluckauf aus“, gibt Weil den Genossen recht, die sich fragten: „Muss das sein?“Tatsächlic­h sei die Union „kein Wunschpart­ner“, bestätigt Weil die Skeptiker. Aber die SPD besitze nun mal keine absolute Mehrheit im Landtag. „Deshalb werden wir den Wählerauft­rag erfüllen“, stimmt der Ministerpr­äsident die niedersäch­sische SPD auf die Große Koalition ein. Maßstab für einen Koalitions­vertrag seien Vereinbaru­ngen über eine „gebührenfr­eie Bildung, eine Politik für den ländlichen Raum, Arbeitspla­tzsicherhe­it, einen starken Staat, einen starken gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt sowie Sicherheit im Inneren“. In jedem Fall behalte ein SPDParteit­ag das letzte Wort, verspricht Weil: „Das ist doch klar.“Die SPD werde in die Verhandlun­gen mit der CDU jedenfalls selbstbewu­sst gehen. „Wir müssen nicht jede Kröte schlucken. Ihr könnt mir vertrauen und ich vertraue euch“, versichert Weil der Parteibasi­s, die ihn mit stehendem Beifall feiert.

Viel Glanz fällt in Aurich auch auf die Bezirksvor­sitzende und Fraktionsc­hefin im Landtag, Johanne Modder. Ohne die „ganz enge Zusammenar­beit“mit ihr sei eine erfolgreic­he Regierungs­arbeit gar nicht möglich, lobt Stephan Weil, der zugleich Wirtschaft­sminister Olaf Lies und Innenminis­ter Boris Pistorius als „tragende Säulen der SPD“adelt, ebenso wie den neuen Parlamenta­rischen Geschäftsf­ührer Wiard Siebels aus Aurich. „An dir wird die Niedersach­sen-SPD noch viel Freude haben“, prognostiz­iert Weil. Der lange Beifall der Delegierte­n gibt das Gefühl: Weser Ems ist stolz auf sein Führungste­am.

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