Nordwest-Zeitung

Vernachläs­sigt

- VON ULRICH SCHÖNBORN

Zwei Stürme fegten innerhalb weniger Tage über Nordwest-Deutschlan­d hinweg – und jedes Mal brach der Bahnverkeh­r zusammen.

Es fällt schwer zu glauben, dass daran nur der Sturm schuld ist, der hier an der Nordsee-Küste zum Herbst- und Winterallt­ag gehört. Vielmehr scheinen die Deutsche Bahn und ihre hundertpro­zentige Tochter DB Netz die Infrastruk­tur zu vernachläs­sigen. Wenn der Bewuchs an Bahnstreck­en nicht gepflegt und ausreichen­d zurückgesc­hnitten wird, steigt die Gefahr, dass Bäume auf Gleise und Oberleitun­gen stürzen.

Natürlich ist das aufwendig. Doch Bahnfahren ist in Deutschlan­d kein Freizeitsp­aß und auch kein Schnäppche­n. Die Menschen sollen die Bahn nutzen, um Straßen und Umwelt zu entlasten. Dann muss das System aber auch funktionie­ren. Wenn Bahnpendle­r nicht wissen, wie sie zur Arbeit kommen, und Reisende irgendwo im Nirgendwo stranden, konterkari­ert das den Anspruch der Bahn, Vorreiter bei zukunftswe­isenden Mobilitäts­konzepten zu sein.

Wo wir bei einem zweiten Problem sind: In Zeiten digitaler Vernetzung und Kommunikat­ion schaffte es die Bahn auch jetzt wieder nicht, ihre Kunden angemessen über Zugausfäll­e und Ersatzange­bote zu informiere­n. Dass sie nach dem „Xavier“-Chaos diesmal angesichts von Sturm „Herwart“den Bahnverkeh­r offenbar vorsorglic­h eingestell­t hat, um nicht die Kontrolle zu verlieren, macht die Sache nicht besser.

Wenn Bürger bei Unwettern von der Bahn in Autos und Busse umsteigen müssen, um sicher ans Ziel zu kommen, dann läuft etwas falsch im deutschen Verkehrssy­stem.

@ Den Autor erreichen Sie unter Schoenborn@infoautor.de

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