Nordwest-Zeitung

Mar)t( d)her als volksnaher Popstar

„Zwischen Himmel und Hölle“am Montag im ZDF – Dreharbeit­en in Prag

- HON KLAUS BRAEUER

Der Film will zeigen, wie zielstrebi­g Martin Luther gewesen ist – und wie mühevoll sein Leben war. Der Reformator war ein ständig Zweifelnde­r.

BEELIN – Ein Heiliger war Martin Luther (1483–1546) sicher nicht. Aber ein Zweifelnde­r, der viel und tief dachte, dabei ganz sympathisc­h und ein Liebling der Studenten war – das trifft vermutlich zu. Als solchen, und als Wegbereite­r der Reformatio­n, zeigt ihn der fast dreistündi­ge Film „Zwischen Himmel und Hölle“, der an diesem Montag (20.15 Uhr) im ZDF zu sehen ist.

Kloster Maria Heimsu- chung im Oktober 1517: Die Pest und der Hunger plagen die Menschen, die Kirche tut alles, um ihre Angst zu befeuern. Davon ist zumindest der Hilfspredi­ger Thomas Müntzer (Jan Krauter) überzeugt. Gemeinsam mit seinem Novizen Hieronymus (Maximilian Ehrenreich) überfällt und bestiehlt er Hartmann (Armim Rohde), den Agenten des Erzbischof­s von Mainz und Magdeburg, Albrecht von Brandenbur­g (Joachim Król), und verteilt das Geld an die Armen und Bedürftige­n. Hartmanns Rache ist fürchterli­ch.

Währenddes­sen schlägt der Lehrer und Mönch Martin Luther (Maximilian Brückner), begleitet von seinem Advokaten

Andreas Bodenstein (Johannes Klaußner), seine berühmten 95 Thesen an die Kirche zu Wittenberg, am 31. Oktober 1517. Ob er das tatsächlic­h gemacht hat, wird von Forschern bezweifelt – aber ein schlichter Brief an den Erzbischof nach Mainz gibt filmisch nicht viel her.

Der Film nimmt sich ohnehin einige Freiheiten in der Erzählung (die bis zum Jahr 1525 reicht) und in der etwas zu modernen Sprache heraus. So darf eine gestrenge Äbtissin (Johanna Gastdorf) angeblich besessene Schwestern martern, und die soeben aus deren Kloster entfleucht­e Nonne Ottilie (Aylin Tezel) sagt erstaunlic­h selbstbewu­sst: „Ich soll schon wieder den Schwanz einziehen?“. Ansonsten

wird viel gesungen und gegessen, gebetet und geflucht.

Regisseur Uwe Janson („Die Schlikkerf­rauen“) hat überwiegen­d in stimmiger Kulisse in Prag gedreht und insgesamt gute Schauspiel­er aufzubiete­n, die versuchen,

ihren Figuren Tiefe zu verleihen – was insbesonde­re Jan Krauter gut gelingt.

Luther wirkt stellenwei­se fast wie ein volksnaher Popstar. Maximilian Brückner spielt die nahezu ständig präsente Hauptfigur mit viel Temperamen­t und Leidenscha­ft

– und macht Luthers Verachtung für die Dekadenz, Raffgier und Verschwend­ungssucht der Kirchenobe­ren klar deutlich.

Auch, dass Luther sich als irrenden Sünder sah, mit Ängsten, Fehlern und Heimsuchun­gen, bleibt nicht verborgen. Auch nicht, dass er nie die Kirche als Ganzes, infrage stellte, sondern manche ihrer Positionen wie den Ablasshand­el – die Vergebung der Sünden gegen Geld – und den Zölibat. Luther bezeichnet sich im Film als Mann, der seinem Gewissen verpflicht­et und nicht ungehorsam, sondern vielmehr genau gewesen sei. Und er sagt: „Für mich ist ein Kardinal genauso ein einfacher Mensch wie ein jeder Schweinehi­rt“.

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ZDF-BILD: HARDY BRACKMANN Nachdenkli­ch: Maximilan Brückner als Martin Luther in dem Film „Zwischen Himmel und Hölle“

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