Nordwest-Zeitung

TERROR IN NEW YORK: AUCH DEUTSCHE VERLETZT

Euch Deutsche unter Verletzten – US-Präsident Trump kündigt schärfere Kontrollen an

- VON FRIEDEMANN DIEDERICHS, ZURZEIT NEW YORK

Terror kennt Manhattan nur zu gut. 16 Jahre nach den Anschlägen auf das World Trade Center kommt es in der Nähe wieder zu einer Attacke.

NEW YORK – Eigene Duffy hat Mühe, seine Emotionen im Griff zu behalten. Seine Stimme stockt, als er versucht, das soeben Erlebte zu schildern. „Ich dachte zunächst, die Schreie seien ein HalloweenS­cherz“, sagt der New Yorker. Tausende Familien sind am Dienstag bei strahlende­m Sonnensche­in auf dem Weg zum traditione­llen Süßigkeite­n-Sammeln. Dann sieht Duffy, wie ein Pickup-Truck mit der Aufschrift des populären Baumarktes „Home Depot“den Radweg entlang des Hudson-River in Richtung der Südspitze Manhattans rast – und Radfahrer wie auch Fußgänger gnadenlos ummäht.

Später, das beobachtet Duffy von der gut eine Minute dauernden Amokfahrt dann nicht mehr, kollidiert der Wagen an der Kreuzung Chambers Street nur wenige Wegminuten von Ground Zero und dem neuen World Trade Center entfernt mit einem Lastwagen und Schulbus. Herannahen­de Polizisten feuern acht bis zehn Schüsse und treffen den 29-jährigen Sayfullo Saipov, der den Truck bei der Fahrt gesteuert hat, in den Bauch. Er wird derzeit in einem Krankenhau­s schwer bewacht behandelt.

30 Minuten nach der Tat erinnern an den ersten tödlichen Terroransc­hlag in der Millionen-Metropole seit 9/11 vor allem die Absperrbän­der, die Leichentüc­her und die massive Polizeiprä­senz. Es ist eigentlich eine malerische Route entlang des West Side Highway, jeden Tag benutzt von bis zu 10 000 Fahrradfah­rern, die dem nicht ungefährli­chen Navigieren in den Straßensch­luchten Manhattans entkommen wollen. Doch der Pfad ist auch breit genug, einem Laster Platz zu geben.

Damit wird er am Dienstnach­mittag um 15.05 Uhr Ortszeit zur Todesfalle für mindestens acht Menschen, darunter eine Belgierin und fünf Argentinie­r auf einem Klassentre­ffen. Elf Personen werden schwer verletzt, darunter eine Deutsche. Verbogene und abgerissen­e Fahrradtei­le liegen ebenso hinter den Absperrung­en wie Kleidungst­eile und Handtasche­n.

Feuerwehrl­eute breiten über den ersten Opfern weiße Tücher aus. Andere getroffene Menschen sterben auf dem Weg in die nahe Bellevue-Unfallklin­ik. Dass zwei der Niedergemä­hten nicht mehr zu helfen sein würde, ahnte Augenzeuge

Duffy sofort: „Die hatten deutliche Reifenspur­en auf den Körpern. Sie waren regungslos. Da war nichts mehr zu machen.“

Schnell wissen die zum Tatort gerufenen Ermittler, dass es sich nicht um einen Unfall gehandelt hat. Zeugen berichten, wie der Fahrer des Trucks nach dem Zusammenpr­all und seinem Aussteigen mehrfach „Allahu akbar“gerufen habe. Kurze Zeit irrt er mit zwei Waffenattr­appen auf der Kreuzung umher, bevor er niedergesc­hossen werden kann. Sein mögliches Motiv wird nur Stunden später sicht-

bar: In einer handschrif­tlichen Notiz, die vom FBI in dem Fahrzeug gefunden wird, erklärt der Täter seine Verbundenh­eit mit der Terrormili­z Islamische­n Staat (IS).

Sichtlich betroffen versammelt sich zwei Stunden später die Führung der Stadt und des Bundesstaa­tes New York zu einer Pressekonf­erenz. Bürgermeis­ter Bill de Blasio beklagt den „feigen Terror“und „sehr schmerzhaf­ten Tag“. Gouverneur Andrew Cuomo verkündet, er habe verstärkte Polizeiprä­senz an den Flughäfen, Tunneln und Sehenswürd­igkeiten angeordnet – er will beruhigen, denn schließlic­h ist die Stadt voller Herbstferi­en-Touristen, man hört auch jede Menge deutscher Stimmen.

Schließlic­h meldet sich am Abend auch US-Präsident Donald Trump zu Wort. Eine Fernsehans­prache hält er nicht, stattdesse­n gibt es eine kurze Pressemitt­eilung. Die Gedanken und Gebete seien mit den Opfern, so Trump. Er bedankt sich bei den Ersthelfer­n nach der „feigen Attacke“, deren Tapferkeit für die Widerstand­sfähigkeit des amerikanis­chen Geistes stehe.

Dann nutzt der US-Präsident Twitter für weitere kurze Erklärunge­n. Man dürfe dem IS nicht erlauben, in die USA zu kommen, wenn man ihn besiegt habe. Und, was wohl die meisten Folgen haben wird: Er habe das Heimatschu­tz-Ministeriu­m angewiesen, ein bereits existieren­des Überprüfun­gs-Programm für Einwandere­r zu verschärfe­n und die „Green-Card-Lotterie“abzuschaff­en.

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KUDACKI Schwer bewaffnete Polizisten sichern in New York eine Halloween-Parade. Nach dem Anschlag wurde die Alarmberei­tschaft noch einmal erhöht.DPA-BILD:
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