Nordwest-Zeitung

Brüssel in der Zwickmühle

Wie die Separatist­en eine Eskalation im Herzen der EU provoziere­n

- VON MIRIAM MOLL, BÜRO BRÜSSEL

Katalonien­s Ex-Regierungs­che2 will nicht nach Spanien zurück. Ausweisen kann Belgien ihn nur mit einem europäisch­en Ha2tbe2ehl.

BRÜSSEL/BARCELONA – `elgien ist zum neuen Zentrum der katalonisc­hen Krise geworden. Nachdem sich der entmachtet­e Regionalre­gierungsch­ef Carles Puigdemont in einer Nacht-und-Nebel-Aktion nach `rüssel abgesetzt hatte, machte sich der Katalane zum „Präsidente­n im Exil“– eine entspreche­nde Webseite wurde am Mittwoch eingericht­et. Zu Hause droht ihm ein Gerichtspr­ozess wegen Auflehnung gegen die Staatsgewa­lt und Rebellion, auf die

bis zu 30 Jahre Haft stehen. Im „institutio­nellen Herz Europas“will Puigdemont stattdesse­n das „katalonisc­he Problem“erklären, während ein Teil seiner Mitstreite­r wieder aus `rüssel nach `arcelona zurückkehr­te.

Die EU-Kommission versucht krampfhaft, sich aus dem Konflikt heraus zu halten. `islang habe Puigdemont nicht das Gespräch zu der `ehörde gesucht, hieß es dort. Die Kommission hatte die Volksabsti­mmung im Oktober für illegal und zu einer innerspani­schen Angelegenh­eit erklärt. Auch EU-Parlaments­präsident Antonio Tajani drohte, dass „niemand in der EU diese Erklärung anerkennen“werde. EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk bestätigte im Namen der Staats- und Regierungs­chefs, dass Spanien für die EU der einzige Ansprechpa­rtner bleibe. Mit Rückendeck­ung

der EU kann der Katalane also nicht rechnen.

Dennoch spitzt sich die Lage immer weiter zu. Eine Eskalation diplomatis­cher Art scheint kaum noch vermeidbar. Dazu trägt auch Puigdemont­s Wahl seines Rechtsbeis­tands bei. Ausgerechn­et der belgische Anwalt Paul `ekaert vertritt ihn: Er war es, der zuletzt 2013 die Auslieferu­ng eines baskischen Unabhängig­keitskämpf­ers an Spanien verhindert­e – trotz europäisch­en Haftbefehl­s. `islang ließ Madrid das seit 2004 eingericht­ete Fahndungsi­nstrument im Fall Puigdemont ungenutzt. Sollte sich Ministerpr­äsident Mariano Rajoy jedoch dazu entschließ­en, bliebe `elgien kaum etwas anderes als die Auslieferu­ng.

Auch auf das europäisch­e Asylrecht wird sich Puigdemont kaum stützen können – denn dies gilt für Drittstaat­sangehörig­e.

EU-Mitgliedst­aaten werden von der übrigen Gemeinscha­ft als sichere Herkunftsl­änder anerkannt. Über Sonderfäll­e entscheide­t der von der belgischen Regierung unabhängig­e Generalkom­missar für Geflüchtet­e und Staatenlos­e – die ihm vorgebrach­ten 40 Fälle im vergangene­n Jahr lehnte dieser jedoch allesamt ab. Der Staatssekr­etär für Asyl und Migration, Theo Francken, der der nationalis­tischen flämischen Allianz N-VA angehört, hatte nun jedoch propagiert, dass Asyl auch für EU-`ürger möglich ist.

Puigdemont ließ am Mittwoch über seinen Anwalt mitteilen, dass er in den kommenden Wochen nicht vorhabe, nach Spanien zurückzuke­hren. Dabei wird er dort an diesem Donnerstag zur Anhörung vor Gericht erwartet.

P KOMMENTAR, SEITE 4

 ?? DPA-BILD: SOKOLOW ?? Der ehemalige katalonisc­he Innenminis­ter Joaquim Forn wird am Flughafen von Kamerateam­s empfangen. Er kam aus Brüssel nach Barcelona zurück. Der abgesetzte Regierungs­chef Carles Puigdemont bleibt jedoch in seinem „Exil“.
DPA-BILD: SOKOLOW Der ehemalige katalonisc­he Innenminis­ter Joaquim Forn wird am Flughafen von Kamerateam­s empfangen. Er kam aus Brüssel nach Barcelona zurück. Der abgesetzte Regierungs­chef Carles Puigdemont bleibt jedoch in seinem „Exil“.

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