Aufsteiger kämpft um seine Chance
Interimslösung Florian Kohfeldt lässt sich von Trainersuche bei Werder nicht irritieren
Der 35-Jährige peilt mutig seinen ersten Bundesligasieg an. Drei Dinge will er für das FrankfurtSpiel ändern.
BREMEN – Angriffslustig, eloquent, optimistisch: Mit einem selbstbewussten Auftritt rückte Florian Kohfeldt die hitzigen Spekulationen über eine „große Lösung“bei Werder Bremen zumindest kurzzeitig in den Hintergrund. Die parallele Trainersuche des Bremer Sportchefs Frank Baumann scheint den bisherigen U-23-Trainer regelrecht anzustacheln. „Das ist kein Problem für mich“, sagte das Bundesliga-Greenhorn am
Mittwoch. Es gebe eine „klare Absprache“mit Baumann, mit dem er im „intensiven und sehr ehrlichen“Austausch stehe. Kohfeldt betrachtet die Situation ohnehin eher als seine große Chance.
Ungeachtet der Gerüchte um Namen wie Lucien Favre, Bruno Labbadia oder sogar Thomas Tuchel, die an der Weser kursieren, liegt Kohfeldts Fokus auf seiner Bundesliga-Premiere an d s m Fr tag (20.30 Uhr). Für die Partie bei Eintracht Frankfurt hat er drei Punkte als Ziel ausgerufen. „Ich glaube, dass es am Freitag ein guter Start wäre, eine andere Leistung auf den Platz zu bringen und diese
mit einem Sieg in Frankfurt zu krönen“, betonte er.
Respekt ja, Angst nein: Kohfeldt – schwarzes T-Shirt, schwarzer Trainingsanzug, lässiger Drei-Tage-Bart – hat den Kampf um seinen ersten Bundesliga-Job auch verbal angenommen – und forderte bei seinem ersten öffentlichen Auftritt von seinen Profis die volle Konzentration auf die schwere Mission Klassenerhalt. „Jeder muss wissen, in welcher Situation wir stecken“, sagte der bisherige Drittliga-Coach, der mit Fußballspielen einst bei Jahn Delmenhorst begann.
Mit fünf Punkten befinde sich der Club in „keiner rosigen Situation“. Vor allem in
puncto Mentalität und Bereitschaft könne man erwarten, „dass die Mannschaft eine Reaktion zeigt“. Mit einer Balance aus mutigem Offensivspiel und disziplinierter Verteidigung soll der Weg aus der Krise gelingen. Werder wartet nach zehn Ligaspielen noch immer auf den ersten Sieg und hat erst drei Tore erzielt. Doch auch wenn man an der Weser inständig hofft, dass sich Kohfeldt als ähnliches Trainerjuwel entpuppt wie Thomas Tuchel und Julian Nagelsmann, die ebenfalls als Nobodys in die Liga kamen und schnell das Establishment aufmischten. Im Clubumfeld gibt es kritische Stimmen gegen eine
erneute Installierung eines unerfahrenen Eigengewächses. Denn dies ging zuletzt mit Viktor Skripnik und nun mit Alexander Nouri trotz kurzfristiger Erfolge zwei Mal schief.
Baumann hielt sich am Mittwoch jedenfalls alle Türen offen. Kohfeldt lobte er für dessen „klare Vorstellungen, welchen Fußball er spielen lassen möchte“. Er werde „so oder so eine große Zukunft als Trainer haben“. Angesichts des fast überschwänglichen Lobs verwundert es fast, dass er weiterhin den Trainermarkt sondiert. „Das ist eine diffizile Entscheidung, weil wir in keiner Top-Situation sind und weil es die wichtigste Personalie in einem Bundesliga-Club ist“, begründete Baumann. Wie schwierig die Situation ist, zeigt auch die reservierte Haltung des angeblichen Wunschkandidaten Lucien Favre. „Das ist im Moment kein Thema“, erkläre Favres Berater Reza Fazeli.
Derweil hat sich Andreas Herzog bei seinem Ex-Club angeboten. „Keine Frage, bei Werder würde ich sofort als Trainer einsteigen, das ist ein ganz besonderer Verein für mich“, schrieb der 49-jährige Ex-Profi in einer Kolumne für das Internetportal „Deichstube.de“. Herzog äußerte sich zudem enttäuscht darüber, nicht österreichischer Nationalcoach geworden zu sein. Den Trainerjob hatte am Montag Franco Foda erhalten.