Nordwest-Zeitung

Bergungsma­nagement in der Kritik

Langeoogs Bürgermeis­ter Garrels bemängelt fehlende Ausstattun­g und Kommunikat­ion

- VON SHARON BEATTY

Für den Langeooger Bürgermeis­ter ist die Havarie des Frachters ein Warnschuss. Er kritisiert das Krisenmana­gement scharf. In Cu;haven steht der<eil die Rettung an erster Stelle.

LANGEOOG/CUXHAVEN – “Wir auf der Insel sind die Opfer, wenn etwas schief geht. Darum sind wir sehr angespannt“, sagt Bürgermeis­ter Uwe Garrels (parteilos). Gestern hatte er einen Außentermi­n, bei der Deichschau konnte er den havarierte­n Frachter vor der Küste nicht übersehen. Man könne von Glück sagen, dass das Schiff so weich im Sand aufgekomme­n sei. “So wie das Schiff liegt, liegt es vergleichs­weise gut. Und zum Glück hat hat es nur Ballastwas­ser und Treibstoff an Bord.“Untersuchu­ngen von Experten hatten ergeben, dass der Frachter keine Schäden in der Hülle hat. “Aber was, wenn hier ein Schiff auseinande­r geht mit giftiger Fracht? Dann ist ein ganzes Ökosystem womöglich auf Jahre zerstört.“

Sowohl Havarie als auch die schwierige Bergung der Glory Amsterdam müssten als Warnschuss gesehen werden. “Schlepper sollen eigentlich hier binnen zwei Stunden gestrandet­e Schiffe erreichen können, um ein Auflaufen auf Grund zu verhindern.“

Schlechtes Ergebnis

“Das hat sich nicht bewährt. Wir haben tolles technische­s Material, aber es funktionie­rt ja nicht.“Es könne auch nicht sein, dass lange Trossen für die Bergung in stürmische­r See vor Ort nicht verfügbar seien. “Darüber muss man eben reden. Ich sehe nur das Ergebnis des Konzepts und das ist schlecht.“

Nach mehreren gescheiter­ten Versuchen, den havarierte­n Schüttgutf­rachter Glory Amsterdam freizubeko­mmen,

musste ein Schlepper aus Dänemark bestellt werden. “Das passende Material ist nicht immer um die Ecke und verfügbar“, sagt Michael Friedrich, Sprecher des Havariekom­mandos in Cuxhaven. Gestern erreichte die Fairmount Summit die havarierte Glory Amsterdam. Nber eine 1500 Meter lange Trosse konnte sich der Schlepper an den Frachter koppeln. Dafür hat das Hilfsfahrz­eug Hurricane die Schlepplei­ne vom Schlepper im Tiefwasser­bereich zum Havaristen im Flachwasse­rbereich gebracht.

Dass sich die Bergung in die Länge ziehe, sei für Michael Friedrich indes nur gefühlte Wahrheit. “In der Seefahrt geht es nicht so schnell wie bei Autos an Land.“

Erst, wenn auch der zweite Schlepper angekoppel­t ist und das Ballastwas­ser abgepumpt wurde, kann das Schiff voraussich­tlich geborgen werden. In welchen Hafen es dann kommt, dazu konnte das Havariekom­mando auf Nachfrage der Ð am Abend noch keine Angabe machen.

Ob es Verbesseru­ngsbedarf am Konzept und der Umsetzung

gebe, wollte das Havariekom­mando während der laufenden Bergungsar­beiten noch außen vor lassen. Aber es werde eine Nachbereit­ung geben. “Letztendli­ch entscheide­t die Bundesstel­le für Seeunfallu­ntersuchun­g (BSU).“Sie erfasst und untersucht weltweit alle Arten von Seeunfälle­n an Bord oder unter Beteiligun­g von Schiffen unter deutscher Flagge. Innerhalb der deutschen Hoheitsgew­ässer wird die BSU unabhängig vom jeweiligen Flaggensta­at tätig. “Auf deren Untersuchu­ngsergebni­sse haben

wir keinen Einfluss“, sagt Friedrich.

Bürgermeis­ter Uwe Garrels sieht in jedem Fall Nachbesser­ungsbedarf am Bergungsko­nzept. “Wir müssen auf den Inseln stärker eingebunde­n werden. Wir sind Beteiligte, darum erwarte ich von einer Landesregi­erung auch, dass wir mit einbezogen werden.“

Krisengipf­el

Deshalb habe er sich bereits mit den Bürgermeis­tern anderer Nordseeins­eln verständig­t. Denn ausgerechn­et heute findet der jährliche Insulare Austausch statt – ein Treffen der Vertreter der Ostfriesis­chen Inseln. Hier will Bürgermeis­ter Uwe Garrels aus dem schlimmen Ereignis etwas Konstrukti­ves machen. “Wir wollen mit unserer Kritik an Land und Bund gehen“, möglich sei eine Resolution.

“Wenn eine mögliche Havarie bevorsteht, sollten wir schnell informiert werden“, sagt der Bürgermeis­ter von Langeoog. Denn wenn ein Frachter vor der Küste Öl verliert, dann seien es die Insulaner, die die Schippe in die Hand nehmen müssten.

 ?? BILD: HAVARIEKOM­MANDO ?? Bis zu sieben Meter hohe Wellen machten die Bergung am Wochenende schwer. Der Hochseesch­lepper Nordic (rechts) konnte mittlerwei­le aus dem Dienst entlassen werden.
BILD: HAVARIEKOM­MANDO Bis zu sieben Meter hohe Wellen machten die Bergung am Wochenende schwer. Der Hochseesch­lepper Nordic (rechts) konnte mittlerwei­le aus dem Dienst entlassen werden.

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