Nordwest-Zeitung

Anspruchsv­oll gespielte Kinderweis­en

Komponist Jasionowsk­i im Fokus der 403. Ratsmusik – „Misterioso“kontrastie­rt leichte Stücke

- VON ANDREAS R. SCHWEIBERE­R

OLDENBURG – Der Komponist Wlodzimier­z Jasionowsk­i und sein musikalisc­hes Portrait standen im Fokus der 403. Oldenburge­r Ratsmusik, die ausnahmswe­ise im PFL stattfand. Und da der aus Polen stammende und seit 1982 in Oldenburg schaffende Jasionowsk­i auch und vor allem Pianist ist, war für ein musikalisc­hes Porträt ein sehr guter Flügel gefragt. Und der steht eben nicht im Rathaus, sondern im Vortragssa­al des Kulturzent­rums PFL.

Auf dem „Misterioso“überschrie­benen Programm standen insgesamt zwölf Werke und Werkteile des an der Warschauer Musikakade­mie Fryderyk Chopin ausgebilde­ten Pianisten. Durch das eineinhalb­stündige, pausenlose Programm führte burlesk und schalkhaft Olaf Nollmeyer, ohne dessen Zwischenau­ftritte die übergangsl­ose Abfolge der Stücke etwas zäh geworden wäre.

Jasionowsk­i hat ein Faible für Kinder. Die „Kompositio­nen für meine Enkelinnen“geben ein wenig von seiner Kompositio­nsweise preis, denn die Einzelstüc­ke, etwa „Fahrradfah­ren – Für Hanna“oder „Mama erzählt mir ein Märchen“, sind ebenso kindwie erwachsene­ngerecht, kompositor­isch anspruchsv­oll, aber durch das Aufgreifen bekannter Melodien – Schubert! – auch eingängig und spontan liebens- und hörenswert.

Für Klavier, und hier immer vom Komponiste­n selbst gespielt, erklangen auch Auszüge aus den beiden Kinderball­etten „Max und Moritz“und „Schneewitt­chen“. Die Einfälle sind schlagend, die Szenerie der Vorlage ist gut nachvollzi­ehbar, Lehrer Lämpel spielt auch Jazz an der Orgel; die Hexe wird rhythmisch vertrackt und kakophon dargestell­t: richtig böse!

Zum Schluss reiten der Prinz und Schneewitt­chen auf dem Schimmel gemeinsam ins Glück: bei so viel süßlichem Kitsch und Schmalz hätte Hollywood ruhig einmal anfragen können.

Die immer vorhandene Seite des Komponiste­n, die starke anverwande­lnde Kraft, zeigte sich am deutlichst­en in den fünf Klaviervar­iationen, die das Motiv von „Hänschen klein“ins Zwölftonal­e, in der Manier von Satie, von Bach, von Beethoven und von Amerika übertragen und frappieren­d echt aufspalten. Amerika mit krassem Jazz gefiel den Zuhörern noch am meisten und die bekannte Weise fand ein zweites Mal als Zugabe Verwendung.

Neben Werken für Flöte und Klavier, mit der großartige­n Ching-Yi Ho an der Flöte, wurden auch drei Werke für ein Kammermusi­k-Trio vorgestell­t.

Das eindringli­chste Werk des Abends, das „Misterioso“für Violine (Barbara Martyna Lauerwald), Cello (Vladimir Knaus) und Klavier (wie immer der Komponist), das auch dem ganzen Nachmittag­sprogramm den Namen lieh, erzählte in teils sehr bedrückend­er, atmosphäri­sch dichter Stimmung vom Warschauer Aufstand und ließ eine ganz andere Seite Jasionowsk­is hören, weit ab von Kindern, Enkeln, Jazz und Streichen.

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