Eine Kreuzfahrt ohne Ziel
SPD-<raktionschefin Andrea Nahles kritisiert die Jamaika-Parteien. Dass eine solche =oalition zustande kommt, davon ist sie dennoch >berzeugt.
FRAGE: Frau Nahles, alles dreht sich um Jamaika. Säßen Sie gerne mit am Tisch der Sondierer, um die Weichen für die kommenden vier Jahre zu stellen? NAHLES: Wir haben nach der historischen Wahlniederlage keinen Regierungsauftrag. Der Wähler hat der SPD den klaren Hinweis gegeben, dass er uns nicht in dieser Aufgabe sieht. Das nehmen wir an. FRAGE: Die SPD würde sich nicht der staatspolitischen 'erantwortung stellen, wenn Jamaika scheitert und Neuwahlen drohen? NAHLES: Die SPD ist keine Mehrheitsreserve im Wartestand. Im Übrigen habe ich keinen Zweifel, dass Jamaika zustande kommt. Der klare Wille ist bei allen vier Parteien zu erkennen. FRAGE: Wie bewerten Sie die bisherigen Sondierungsergebnisse von Jamaika? NAHLES: Das Ganze wirkt wie eine Kreuzfahrt ohne Ziel. Die Jamaikaner schippern ohne Kompass auf der See, kreuzen dieses und jenes Thema, aber wissen nicht, wo sie Anker werfen wollen. Wir stehen vor großen Herausforderungen, doch die Grundsatzfragen sind sechs Wochen nach der Wahl alle noch offen. Womöglich wird aber auch Theater gespielt, und die Verhandlungen sind tatsächlich viel weiter. Meine Prognose ist: Vor Weihnachten liegt der Koalitionsvertrag auf dem Tisch. FRAGE: Zur Lage der SPD: Wie muss die Erneuerung aussehen? NAHLES: Wir haben ein sehr schwaches Profil und in allen Wählergruppen verloren. Das ist bitter. Deswegen muss die SPD wieder klar erkennbar werden. Wir brauchen wieder Leidenschaft für unsere Politik, daran fehlt es. Die Sehnsucht und der Appell an das sozialdemokratische „Wir“reichen in der modernen Gesellschaft nicht mehr aus. Eine Antwort darauf zu finden, ist für uns als Volkspartei überlebensnotwendig. FRAGE: Haben Sie eine? NAHLES: Wir müssen kein neues Thema erfinden. Die SPD steht für soziale Gerechtigkeit und Fortschritt. Aber wir müssen die großen Fragen wieder in den Vordergrund rücken. Wie wir die Digitalisierung gestalten können, damit sie für Arbeitnehmer zur Chance wird, ist im Wahlkampf völlig untergegangen. Wir müssen klare und verständliche Antworten liefern auf die Sorgen, die die Menschen im digitalen Kapitalismus bedrücken.