Nordwest-Zeitung

Eine Kreuzfahrt ohne Ziel

SPD-<raktionsch­efin Andrea Nahles kritisiert die Jamaika-Parteien. Dass eine solche =oalition zustande kommt, davon ist sie dennoch >berzeugt.

- VON ANDREAS HERHOLZ UND TOBQAS SCHMQDT

FRAGE: Frau Nahles, alles dreht sich um Jamaika. Säßen Sie gerne mit am Tisch der Sondierer, um die Weichen für die kommenden vier Jahre zu stellen? NAHLES: Wir haben nach der historisch­en Wahlnieder­lage keinen Regierungs­auftrag. Der Wähler hat der SPD den klaren Hinweis gegeben, dass er uns nicht in dieser Aufgabe sieht. Das nehmen wir an. FRAGE: Die SPD würde sich nicht der staatspoli­tischen 'erantwortu­ng stellen, wenn Jamaika scheitert und Neuwahlen drohen? NAHLES: Die SPD ist keine Mehrheitsr­eserve im Wartestand. Im Übrigen habe ich keinen Zweifel, dass Jamaika zustande kommt. Der klare Wille ist bei allen vier Parteien zu erkennen. FRAGE: Wie bewerten Sie die bisherigen Sondierung­sergebniss­e von Jamaika? NAHLES: Das Ganze wirkt wie eine Kreuzfahrt ohne Ziel. Die Jamaikaner schippern ohne Kompass auf der See, kreuzen dieses und jenes Thema, aber wissen nicht, wo sie Anker werfen wollen. Wir stehen vor großen Herausford­erungen, doch die Grundsatzf­ragen sind sechs Wochen nach der Wahl alle noch offen. Womöglich wird aber auch Theater gespielt, und die Verhandlun­gen sind tatsächlic­h viel weiter. Meine Prognose ist: Vor Weihnachte­n liegt der Koalitions­vertrag auf dem Tisch. FRAGE: Zur Lage der SPD: Wie muss die Erneuerung aussehen? NAHLES: Wir haben ein sehr schwaches Profil und in allen Wählergrup­pen verloren. Das ist bitter. Deswegen muss die SPD wieder klar erkennbar werden. Wir brauchen wieder Leidenscha­ft für unsere Politik, daran fehlt es. Die Sehnsucht und der Appell an das sozialdemo­kratische „Wir“reichen in der modernen Gesellscha­ft nicht mehr aus. Eine Antwort darauf zu finden, ist für uns als Volksparte­i überlebens­notwendig. FRAGE: Haben Sie eine? NAHLES: Wir müssen kein neues Thema erfinden. Die SPD steht für soziale Gerechtigk­eit und Fortschrit­t. Aber wir müssen die großen Fragen wieder in den Vordergrun­d rücken. Wie wir die Digitalisi­erung gestalten können, damit sie für Arbeitnehm­er zur Chance wird, ist im Wahlkampf völlig untergegan­gen. Wir müssen klare und verständli­che Antworten liefern auf die Sorgen, die die Menschen im digitalen Kapitalism­us bedrücken.

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