Nato stockt Truppen in Afghanistan auf
Taliban stärker – Deutscher Anteil wegen Regierungsbildung noch unklar
Auch gegen Russland will sich das Bündnis zukünftig neu aufstellen. Davon könnte Deutschland durch neue Nato-Einrichtungen profitieren.
BRÜSSEL/KABUL – Die Nato hat Planungen für eine deutliche Verstärkung ihres Afghanistan-Einsatzes bestätigt. Nach Angaben von Generalsekretär Jens Stoltenberg soll die Zahl der Soldaten zur Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte im kommenden Jahr von etwa 13000 auf rund 16000 steigen. Etwa die Hälfte der zusätzlichen Kräfte werde von den USA gestellt werden, sagte er am Dienstag.
Ob sich Deutschland in größerem Maße beteiligen wird, ist angesichts der noch nicht abgeschlossenen Regierungsbildung nach der Bundestagswahl unklar. Das Verteidigungsministerium bestätigte aber Überlegungen, die Ausbildungstruppe der Bundeswehr in Afghanistan wieder zu verstärken. Die sogenannte Mandatsobergrenze ermöglicht derzeit eine Entsendung von bis zu 980 Soldaten. Stoltenberg sagte am Dienstag nicht, wer sich neben den USA an der Truppenaufstockung beteiligen wird.
Hintergrund der geplanten Truppenaufstockung ist das Wiedererstarken der islamischen Taliban in Afghanistan und die Expansion der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in das Land. Erst am Dienstag hatten IS-Kämpfer in Kabul einen großen Fernsehsender angegriffen und einen Wachmann getötet. Die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich seit dem offiziellen Ende des internationalen Kampfeinsatzes Ende 2014 deutlich verschlechtert.
Pläne für eine Verstärkung des Einsatzes gab es bereits seit Monaten, der Nato gelang es lange Zeit aber nicht, ausreichend viele Bündnispartner zu einem stärkeren Engagement zu bewegen. Dies änderte sich erst, nachdem USPräsident Donald Trump im August den Weg für ein stärkeres Engagement seines Landes im Kampf gegen die Taliban in Afghanistan freigemacht hatte.
Darüber hinaus plant die Nato Änderungen an ihrer Kommandostruktur. Grund ist die Politik Russlands. Bündnisstaaten wie Polen und die baltischen Länder fühlen sich seit der UkraineKrise verstärkt vom Kurs Russlands bedroht.
Nach Angaben des Generalsekretärs sollen unter anderem neue Planungs- und Führungszentren für MarineOperationen im Atlantik und für Truppenverlegungen innerhalb Europas aufgebaut werden. Er erwarte, dass die Verteidigungsminister die Pläne am Mittwoch bei einem Treffen in Brüssel billigen, sagte Stoltenberg am Dienstag. Auf Ebene der Botschafter sind sie nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa bereits beschlossen worden.
Wo die neuen Hauptquartiere angesiedelt werden und wie viel neues Personal sie bekommen werden, ist nach Nato-Angaben noch offen. Stoltenberg machte allerdings deutlich, dass Deutschland als Standort für das neue Logistik-Hauptquartier für Europa infrage kommt. „Ich werde heute nicht konkret werden, aber Deutschland liegt zentral in Europa“, sagte er. Eine Entscheidung über die neuen Standorte solle im Februar fallen.