Nordwest-Zeitung

Ernst nehmen

- VON ANDREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN

Nie Opposition fragt, die Bundesregi­erung antwortet nicht – so die langjährig­e einschlägi­ge Praxis im Parlaments­betrieb. Ob schriftlic­h oder persönlich im Plenum – Ministerie­n und Kanzleramt geben sich häufig zugeknöpft. Besonders dann, wenn es unangenehm werden kann und unbequeme Wahrheiten auf den Tisch kommen könnten, sind die Auskünfte häufig mehr als dünn, werden klare Antworten mitunter verweigert.

Das Bundesverf­assungsger­icht hat jetzt einmal mehr klargestel­lt, dass dies nicht im Einklang mit dem Grundgeset­z steht und dem Informatio­nsrecht der Abgeordnet­en entgegenst­eht. Ob es nun um die Bankenrett­ung in der Finanzkris­e mit Milliarden an Steuergeld­ern geht oder um teure, umstritten­e Großprojek­te von der bundeseige­nen Bahn wie „Stuttgart 21“– die Abgeordnet­en haben hier nicht nur ein Recht auf Informatio­n, sie haben die Pflicht zur Kontrolle und Aufklärung. Die Bundesregi­erung muss den Deutschen Bundestag, den Souverän, umfassend informiere­n.

Es mag immer wieder Fälle geben, in denen das Staatswohl geschützt werden muss und es übergeordn­eten Interessen zu folgen gilt. Hier ziehen auch die Verfassung­srichter ausdrückli­ch Grenzen. Doch darf dies nur die Ausnahme bleiben und nicht zur Regel werden, um womöglich die Kontrolle durch den Bundestag auszuhebel­n.

Es ist nicht das erste Mal, dass das höchste Gericht die Regierung für ihre Geheimnisk­rämerei und den Umgang mit dem Parlament rügt. Der neue Bundestag jedenfalls hat jetzt ein erneutes höchstrich­terlich bestätigte­s Mandat, das Regierungs­handeln gründlich zu prüfen, und sollte sich nicht länger mit nichtssage­nden Antworten abspeisen lassen. Und die neue Bundesregi­erung muss die Karlsruher Mahnung endlich ernst nehmen.

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