Solide Handwerker statt schlechte Akademiker
Niedersächsischer Philologentag in Goslar – Immer mehr junge Menschen studieren
GOSLAR – Angesichts fehlender Fachkräfte im Handwerk hat Niedersachsens Landtagspräsident Bernd Busemann vor einer „zunehmenden Akademisierung“der Gesellschaft gewarnt. Während immer mehr Handwerksbetriebe und Mittelständler darüber klagten, dass sie keine Mitarbeiter fänden, hätten viele Bildungspolitiker den Ehrgeiz, die Abiturientenzahlen immer weiter zu steigern, sagte Busemann am Dienstag beim niedersächsischen Philologentag in Goslar. „Der volkswirtschaftliche Schaden dieser Entwicklung ist schon da.“
Schon die Grundannahme, dass nur akademische Bildung den Weg zu gesellschaftlicher Anerkennung öffne, sei falsch, sagte der Landtagspräsident. Den Betrieben fehlten „Einsteiger in Berufsausbildungen“. Dazu bräuchten sie keine leistungsschwachen Akademiker, sondern begabte Praktiker mit solider Schulbildung.
Dass immer mehr junge Menschen studierten, sei angesichts der Abbrecherquoten von bis zu 40 Prozent „eine schlimme bildungspolitische Fehlentwicklung“, sagte Busemann unter dem Beifall der Delegierten. „Wer immer höhere Abiturienten-Quoten erreichen will, muss das Niveau im Unterricht und bei Prüfungsleistungen immer weiter absenken.“
Beim Philologenverband, in dem vor allem Gymnasiallehrer organisiert sind, traf Busemann auf große Zustimmung. Weil immer mehr junge Menschen das Abitur ablegen sollten, seien die Anforderungen mittlerweile so weit gesunken, dass die Reifeprüfung vielfach zu einem „Abitur ohne Verkehrswert“geworden sei, sagte der Verbandsvorsitzende Horst Audritz. Die hohen Studienabbrecher-Zahlen seien ein alarmierendes Zeichen.
Das Land brauche Gymnasien, „um Nachwuchs für hoch spezialisierte akademische Laufbahnen heranzuziehen“, forderte der Landtagspräsident. Auch seien gleichwertige berufsvorbereitende Schulformen erforderlich.