Nordwest-Zeitung

Eltern machen sich Sorgen um ihre surfenden Kinder

An der Spitze steht die Angst vor Cybermobbi­ng und verstörend­en Inhalten wie Gewaltvide­os

- VON JENNY TOBIEN

BERLIN – Drei Viertel der Eltern in Deutschlan­d sorgen sich um die Sicherheit ihrer Kinder beim Surfen im Netz. Was sie dabei beunruhigt, ist zumeist vom Alter des Nachwuchse­s abhängig, wie aus dem aktuellen Jugendmedi­enschutzin­dex hervorgeht. „Eltern jüngerer Kinder fürchten sich besonders vor verstörend­en Inhalten, wie Gewaltvide­os oder pornografi­sche Darstellun­gen“, sagt Martin Drechsler von der Freiwillig­en Selbstkont­rolle Multimedia-Dienstanbi­eter (FSM). Später gehe es um den Kontakt zu Fremden, aber auch um finanziell­e Risiken. Für die repräsenta­tive Studie wurden auch die Heranwachs­enden befragt. Demnach sorgen sich 58 Prozent um mögliche negative Folgen ihrer Internet-Nutzung. An der Spitze steht dabei die Angst vor Cybermobbi­ng, also das Fertigmach­en durch zumeist Gleichaltr­ige im Netz – beispielsw­eise durch fiese Kommentare bei Instagram oder demütigend­e Videos bei WhatsApp.

Die Herausgebe­r der Studie verbuchen es als positives Ergebnis, dass die Eltern generell ihrer Verantwort­ung gerecht würden. So sehen 94 Prozent der Erwachsene­n auch sich selbst in der Pflicht, ihre Kinder vor negativen Online-Erfahrunge­n zu schützen. 81 Prozent sehen auch die Sozialen Plattforme­n in der Verantwort­ung, 74 Prozent die Schulen und 72 Prozent die Politik.

Allerdings: Das Wissen um Hilfs- und Beschwerde­möglichkei­ten sei nach wie vor gering, kritisiert der Direktor des Hans-Bredow-Instituts, Uwe Hasebrink. „Da ist Verbesseru­ngsbedarf gegeben.“Nur wenige Erwachsene hätten bislang entspreche­nde Anlaufstel­len in Anspruch genommen. „Unwissenhe­it oder Überforder­ung stellen ein Problem dar. Durch Aufklärung­smaOnahmen muss Eltern geholfen werden, ihre Kinder besser zu schützen“, sagt auch Drechsler.

Welche technische­n Möglichkei­ten gibt es denn, um dem Nachwuchs einen altersgere­chten Internetko­nsum zu ermögliche­nP Die Experten verweisen beispielsw­eise auf Filtersoft­ware, die vor nicht angemessen­en Inhalten schützt. „Das Jugendschu­tzsystem verlässt sich ganz stark auf die Eltern, nur wenn die Eltern das auch umsetzen, kann das in der Praxis auch funktionie­ren“, erklärt Drechsler. Aber Technik allein, kann ja nicht reichen, oderP Genau das betonen die Experten. „Die Annahme, dass solche Werkzeuge alle Probleme lösen, ist natürlich ein Fehlschlus­s“, sagt Niels Brüggen, Leiter der Forschungs­abteilung JFF – Institut für Medienpäda­gogik in Forschung und Praxis. Wichtig sei die Kommunikat­ion.

„Das Entscheide­nde ist, dass die Eltern mit ihren Kindern darüber im Gespräch sind, dass sie mitbekomme­n, was passiert“, so Hasebrink. Das könne mehr bewirken als technische Systeme oder Regeln.

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