Das Grauen nimmt kein Ende
Niels Högel soll in Oldenburg und Delmenhorst mindestens 106 Patienten getötet haben
Der Soko „Kardio“liegen jetzt die Ergebnisse aller gerichtsmedizinischen Untersuchungen vor. Es gibt 16 weitere Verdachtsfälle.
OLDENBURG/DELMENHORST – Der Klinikmörder Niels Högel hat in Oldenburg und Delmenhorst mindestens 106 wehrlose Patienten getötet. Davon gehen die Ermittler der Sonderkommission „Kardio“aus, denen jetzt die Ergebnisse
aller gerichtsmedizinischen Untersuchungen vorliegen. Demnach tötete der damalige Krankenpfleger in den Jahren 2000 bis 2005 mindestens 38 Menschen im Klinikum Oldenburg und 62 im Klinikum Delmenhorst. Hinzu kommen sechs Fälle, für die Högel bereits in früheren Prozessen verurteilt worden ist.
Ende August 2017 hatten Polizei und Staatsanwaltschaft die Zahl der mutmaßlichen Högel-Opfer mit 90 angegeben. Durch die toxikologischen Untersuchungen haben sich jetzt 16 weitere Verdachtsfälle ergeben. Den Ermittlungen zufolge tötete Högel die Patienten auf den Intensivstationen mit fünf verschiedenen Medikamenten.
Die Ermittler weisen darauf hin, dass sich die Zahl der Opfer weiter erhöhen kann. In fünf Fällen wurden ergänzende rechtsmedizinische Untersuchungen angeordnet. Offen sind noch zwei Fälle von verstorbenen Patienten, die im Ausland beerdigt wurden.
Wie viele Menschen der ExPfleger insgesamt auf dem Gewissen hat, wird wohl nie aufgeklärt werden können. Der toxikologische Nachweis ist nicht mehr in allen Fällen möglich. Etwa 130 ehemalige Patienten, die Högel betreut hat, sind feuerbestattet worden und konnten somit nicht mehr untersucht werden.
Der Sprecher der Interessengemeinschaft Klinikmorde Delmenhorst, Christian Marbach, sagte am Donnerstag, die Angehörigen seien immer von über 200 Morden ausgegangen. Das habe man der Polizei bereits 2005 mitgeteilt. Marbach warf der Staatsanwaltschaft Oldenburg vor, die Ermittlungen jahrelang behindert zu haben und forderte das Justizministerium in Hannover auf, den nun kommenden Prozess „durch neutrale Beobachter intensiv und kritisch“zu begleiten.
Laut Staatsanwaltschaft soll Anfang 2018 gegen Högel Anklage erhoben werden.