Nordwest-Zeitung

Schärferer Kam-f gegen Dreckschle­udern

EU ordnet den Handel mit CO2-Papieren neu – Industrie muss nachrüsten

- VON DETLEF DREWES, BÜRO BRÜSSEL

Wer viel CO in die Luft bläst, produziert teurer. Konzerne sollen umdenken, und Energiever­sorger brauchen neue Ideen.

BRÜSSEL – Nach den Autos müssen auch Unternehme­n und Kraftwerke sauberer werden. Die Verhandlun­gspartner der EU einigten sich auf eine Reform des Emissionsh­andels.

Unternehme­n, die CO2 ausstoßen, müssen seit 2005 bei der Regierung des Landes, in dem die Anlage steht, Emissionsz­ertifikate kaufen – eines für jede Tonne Kohlendiox­id. Für Kraftwerks­betreiber gilt das ebenso, aber deren Papiere gibt es nur bei Auktionen. Betroffen sind EU-weit rund 11000 Firmen und Kraftwerke. Die Absicht ist klar: Wer nicht in eine klimaschon­ende Produktion investiert, braucht viele Papiere, zahlt also drauf. Wer aber seine CO2-Emissionen senkt, kommt mit weniger Zertifikat­en aus und kann nicht benötigte verkaufen, macht also einen Gewinn.

Warum hat das System bisher nicht funktionie­rt

In den vergangene­n Jahren gab es zu viele Zertifikat­e, so dass der Preis immer weiter sank. 2013 standen 2,084 Milliarden Zertifikat­e zur Verfügung. Außerdem hatten die Mitgliedst­aaten für zahlreiche energieint­ensive Bereiche Ausnahmen erlaubt. Experten gehen davon aus, dass die Papiere pro Tonne CO2 rund 25 Euro kosten müssten, um eine Wirkung zu erzielen. In diesem Jahr lag der Preis zwischen fünf und sieben Euro. Das war deutlich zu wenig.

Was soll denn jetzt anders werden

Das Ziel der EU besteht darin, die CO2-Emissionen bis 2030 um 43 Prozent gegenüber 2005 zu senken. Man hat sich nun darauf verständig­t, jedes Jahr 2,2 Prozent der Verschmutz­ungs-Bons vom Markt zu nehmen. Bisher waren das nur 1,74 Prozent. Um- gerechnet bedeutet dies, dass etwa 550 Millionen Tonnen CO2 weniger ausgestoße­n werden dürfen. Ein Teil der jährlich einkassier­ten Papiere wandert in eine Reserve, ein anderer Teil verschwind­et endgültig vom Markt. Mit dieser Verknappun­g dürfte der Preis für Zertifikat­e steigen.

Was bedeutet das für Kohlekraft­werke

In Deutschlan­d wird die Hälfte der Emissionen durch das Zertifikat­e-System erfasst. Da die Bundesrepu­blik ihre Klimaziele für 2020 wohl verfehlen dürfte, rechnen Experten mit steigendem Druck auf die Betreiber von Kohlekraft­werken, diese stillzuleg­en. EUweit ist die Lage anders. Für ärmere Mitgliedst­aaten wie Rumänien und Bulgarien gibt es einen neuen Fonds, aus dem die Umrüstung von Unternehme­n und Energiebet­rieben unterstütz­t wird.

Was habe ich als Verbrauche­r davon

Wenn weite Teile der Wirtschaft auf CO2-ärmere Produktion umstellen, hat jeder etwas davon. Hinzu kommt, dass die EU-Kommission von den Mitgliedst­aaten erwartet, die Einnahmen aus dem Emissionsh­andel so zu investiere­n, das weitere Einsparung­en des Klimakille­rs möglich werden. Gedacht ist beispielsw­eise an die Förderung sparsamer Heizungen oder gedämmter Häuser im privaten wie im öffentlich­en Bereich.

KOMMENTAR, SEITE 4

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