Nordwest-Zeitung

Traum vom Kalifat scheint ausgeträum­t

IS-Miliz verliert letzte große Hochburg in ihrem einstmals riesigen Gebiet

- VON SARAH EL DEEB UND SUSANNAH GEORGE

DAMASKUS – Der Traum von einem Kalifat scheint vorerst ausgeträum­t. Mit der syrischen Grenzstadt Al-Bukamal hat die Terrormili­z Islamische­r Staat am Donnerstag ihre letzte große Hochburg in ihrem einstmals riesigen Gebiet im Irak und in Syrien verloren. Es war die jüngste in einer ganzen Serie von Niederlage­n für die Extremiste­n. Erst vergangene­n Freitag hatten die Streitkräf­te des syrischen Präsidente­n Baschar alAssad die Einnahme der Stadt Dair as-Saur im Osten Syriens bekanntgeg­eben. Und der irakische Ministerpr­äsident Haidar al-Abadi verkündete die Rückerober­ung der Stadt Kaim an der Grenze, der letzten Großstadt der Extremiste­n im Irak, auf der anderen Seite der Grenze von Al-Bukamal.

Die Militäroff­ensiven auf beiden Seiten der Grenze vertrieben viele der verblieben­en Extremiste­n in die Wüste östlich und westlich des Euphrat. Der IS kontrollie­rt nun nur noch einige kleinere Ortschafte­n an der Grenze sowie eine kleinere Stellung außerhalb von Damaskus.

Nach ihrer Blitzoffen­sive im Sommer 2014 hatte die Terrormili­z weite Teile Syriens und des Irak unter Kontrolle gehabt und dort ein Kalifat ausgerufen. Damals lösten die Extremiste­n die Grenzlinie demonstrat­iv auf und übernahmen die Kontrolle über Infrastruk­tur, Ressourcen, Versorgung­swege und Verwaltung eines zusammenhä­ngenden Gebiets mit einer Bevölkerun­g von etwa acht Millionen Menschen.

Dass das nun alles verloren ist, bedeutet nicht, dass der IS völlig geschlagen ist. Der Medienarm der Gruppe ist nach wie vor sehr aktiv und versucht, über das Internet Kämpfer zu rekrutiere­n und zu Anschlägen anzustifte­n. Und nach wie vor dürfte es Attacken in Syrien und im Irak geben. Doch die Liste der jüngsten Niederlage­n des IS ist beeindruck­end. Ein Überblick:  Ka m: Der letzte konvention­elle militärisc­he Kampf der irakischen Truppen gegen den IS spielte sich in Kaim ab, am westlichen Rand der Provinz Anbar an der Grenze zu Syrien. Der Einsatz dort begann in der letzten Oktoberwoc­he. Am vergangene­n Freitag gab der Irak bekannt, die Stadt und den nahegelege­nen Grenzüberg­ang zu Syrien unter seine Kontrolle gebracht zu haben.  Da r as-Saur: Die syrische Regierung erklärte ebenfalls am vergangene­n Freitag, sie habe die volle Kontrolle über Dair as-Saur zurückerob­ert. Dort waren syrische Truppen und Zehntausen­de Bewohner fast drei Jahre lang vom IS belagert worden.  Al-Rakka: Die De-factoHaupt­stadt des IS wurde am 17. Oktober nach einer viermonati­gen Offensive von den Demokratis­chen Kräften Syriens (SFD) eingenomme­n. Die Stadt war das operative Zentrum der Miliz.  Al-Majad n: Am 14. Oktober verkündete die syrische Regierung die Einnahme der Stadt Al-Majadin am Westufer des Euphrat. In der Stadt hatten IS-Führer Zuflucht gesucht vor den Kämpfen in AlRakka und Dair as-Saur im Norden und im Irak im Osten.  Mossul: Die irakischen Streitkräf­te erklärten am 10. Juli den Sieg in Mossul. Obwohl die Kämpfe gegen kleinere Gruppen von IS-Kämpfern in den Tunneln unter der Altstadt noch einige Wochen andauerten, brach der Verlust von Mossul dem geplanten „Kalifat“praktisch das Rückgrat. Die zweitgrößt­e irakische Stadt diente der IS-Führung als Treffpunkt.

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