Nordwest-Zeitung

„Große Koalition bedeutet Stillstand“

Grünen-Minister Meyer erwartet aufgebläht­en Regierungs­apparat unter SPD und CDU

- VON GUNARS REICHENBAC­HS

Die Grünen müssen klare Kante in der Opposition zeigen, meint der bisherige Landwirtsc­haftsminis­ter Meyer. Er will als Fraktionsv­ize seinen Beitrag dazu leisten.

FRAGE: He$$ Meyer, was sind die Gründe für das miese Ergebnis bei der niedersäch­sischen Landtagswa­hl? MEYER: Am Ende kamen die Erfolge der Grünen wie die Agrarwende nicht zum Zug, weil sich der Wahlkampf auf den Zweikampf Weil gegen Althusmann fokussiert­e. Viele Grünen-Wähler wollten unbedingt die CDU verhindern und gingen zur SPD oder Linken. Dort haben wir die meisten Verluste gehabt. FRAGE: Hätte man nicht Sie als beliebtest­en Grünen mehr nach vorne schieben müssen? MEYER: Wir hätten alle unsere starken Personen mit hohen Popularitä­tswerten – von Anja Piel und Stefan Wenzel über Antje Niewisch-Lennartz bis hin zu Gabriele Heinen-Kljajic – stärker nach vorne stellen müssen, stattdesse­n haben wir ganz auf Inhalte gesetzt. Die klare Verbindung von Person und Inhalt wäre wichtig gewesen – auch flächendec­kend auf Plakaten. FRAGE: Regierung vorbei, die Opposition steht bevor – welche Lehren müssen die Grünen aus der Niederlage ziehen? MEYER: Viele unserer Sympathisa­nten wählen taktisch. Und die Jamaika-Debatte auf Bundeseben­e hat uns auch keinen Rückenwind gegeben,

sondern unsere klare Kante gegen die CDU geschwächt. Deshalb müssen wir uns gegen eine Große Koalition so aufstellen, dass nur wir Grünen für mehr Verbrauche­rschutz, die Agrarwende und eine humanitäre Flüchtling­spolitik stehen. Die GroKo wird vor allem in der Umwelt- und Flüchtling­spolitik nach rechts rücken. Deshalb muss es Ziel der Grünen sein, die an die SPD und Linke gegangenen Wählerstim­men durch eine klare, kompetente inhaltlich­e Opposition zurückzuge­winnen. Das traue ich uns zu. Wir können Opposition! FRAGE: Mit Doppelspit­ze? MEYER: Wir sollten als Team auftreten mit deutlich zugeordnet­en Kompetenze­n für Agrar, Umwelt, Bildung, soziale Gerechtigk­eit plus Flüchtling­sund Innenpolit­ik mit dem Thema Bürgerrech­te. FRAGE: Also keine Doppelspit­ze Piel und Meyer? MEYER: Anja Piel hat meine volle Unterstütz­ung. Wir bleiben bei einer Einer-Spitze. Ich trete als Vize-Fraktionsv­orsitzende­r an. Und im Plenum haben wir zwei Plätze ganz vorne. FRAGE: Was zeichnet sich mit einer Großen Koalition ab? MEYER: Ich erwarte eine Koalition des Stillstand­s und der Lähmung. Man will nichts verändern und geht die Zukunftshe­rausforder­ungen bei Klima, Umwelt, sozialem Zusammenha­lt und Einwanderu­ngsgesells­chaft nicht an. Alles soll so bleiben: Insektenst­erben, Wasser- und Klimaschut­z werden nicht angegangen. Stattdesse­n geht es um Posten. Ich befürchte eine deutliche Aufblähung der Verwaltung mit mehr Ministerie­n, mehr Staatssekr­etären und mehr Landesbeau­ftragten. Da werden persönlich­e Ambitionen befriedigt, aber das ist kein Aufbruch, sondern – wegen der Weigerung der FDP, eine Ampel-Koalition zu bilden – eher eine eigentlich verbotene Zwangsheir­at von zweien, die sich nicht lieben. FRAGE: Wie geht’s im Landtag weiter? MEYER: Die Grünen sind im Landtag dritte Kraft und wichtigste Opposition­spartei. Wir werden die GroKo angreifen, weil mit Sicherheit grüne Herzenspro­jekte abgeräumt werden. Die FDP muss dagegen Beifall klatschen, wenn die Agrar- und Energiewen­de im Interesse großer Unternehme­n zurückgedr­eht wird. FRAGE: Werden die Grünen jemals mit der AfD stimmen? MEYER: Nein, es gibt keine Zusammenar­beit. Wir Grüne sind der Antipol zur rechtslast­igen AfD. Ich kann mir daher nicht vorstellen, AfD-Anträgen zuzustimme­n. Die AfD steht außerhalb der demokratis­chen Kräfte. Aber auch mit der FDP wird es keine Koalition in der Opposition geben.

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