Freundschaft ruht für 90 Minuten
Werders Kruse und Hannovers Harnik spielten elf Jahre lang zusammen
Die Kumpels haben nahezu täglich Kontakt. Für Werder-Trainer Kohfeldt ist es sein Debüt als Cheftrainer.
BREMEN – Als im Sommer 1998 ein zehnjähriges Talent vom TSV Reinbek zum SC Vierund Marschlande wechselte, war Martin Harnik schon sechs Jahre lang für seinen Heimatverein aus dem Südosten Hamburgs am Ball. Harnik dürfte schnell gemerkt haben, wie hoch veranlagt sein neuer Teamkollege ist. Sieben Jahre mischte das neue Duo fortan den Jugendfußball an der Elbe und Umzu auf. Der Name des Talents? Max Kruse.
Heute spielt der eine bei Werder Bremen (Kruse), der andere bei Hannover 96 (Harnik). Beide sind sie längst gestandene Bundesligaprofis. Und dennoch ist es für sie etwas Spezielles, wenn sie an diesem Sonntag (18 Uhr) sich im Weserstadion auf dem Platz begegnen – als Gegner.
„Mein Verhältnis zu Martin war immer gut, wir haben ja echt lange zusammengespielt, sogar vor der Profikarriere. Da ist eine Freundschaft gewachsen“, erzählte Kruse am Freitag. Auch der Österreicher Harnik freut sich auf das Wiedersehen: „Wir sind gute Freunde und haben nahezu täglich Kontakt. Es ist eine besondere Konstellation, weil wir uns so ewig kennen.“
Diese guten Freunde entschlossen sich 2005, von der Elbe an die Weser zu wechseln, um den nächsten Schritt in Richtung Profikarriere zu machen. Kruse und Harnik stürmten nun gemeinsam für Werder Bremen, erst ein Jahr in der Zweiten, dann bis 2009 zusammen in der Ersten. Dann zog es Kruse wegen zu weniger Einsatzzeiten weiter zum FC St. Pauli, Harnik sich ließ sich für ein Jahr zu Fortuna Düsseldorf ausleihen. Seit diesen Wechseln trennen sich ihre Wege – und die beiden Freunde treffen sich auf den Fußballplätzen Deutschlands nur noch als Rivalen.
„Unsere Beziehung ist nebensächlich, es geht darum, das Spiel zu gewinnen“, lenkte Kruse dann auch am Freitag das Thema schnell zurück zum Sportlichen. Nach elf Spieltagen ist Werder weiter sieglos, steht auf dem vorletzten Tabellenplatz und muss im ersten Heimspiel des neuen Cheftrainers Florian Kohfeldt unbedingt gewinnen. „Für Bremen geht es um viel, sie müssen jetzt den Anschluss schaffen“, weiß Harnik, dass die bisher so starken 96er (6. PlatzM18 Punkte) sich in der wesentlich angenehmeren Ausgangsposition als Kumpel Kruse mit Werder befinden.
„Wir müssen die Stadt und die Fans hinter uns bekommen. Es zählen nur Punkte, alles andere ist unwichtig“, unterstrich Kruse die Bedeutung der Partie. Der neue Trainer, lobte Kruse, habe einen genauen Plan, die Mannschaft ziehe gut mit: „Wir sind jetzt in der Pflicht. Es gibt keine Alibis mehr.“
Kohfeldt, der sein Team aller Voraussicht nach wie beim 1:2 gegen Frankfurt offensiver aufstellen wird als Vorgänger Alexander Nouri, gibt sich selbstbewusst. „Wir werden am Sonntag gewinnen“, sagte der 35-Jährige und drückte seine Vorfreude auf das Heimspiel aus: „Flutlicht, Weserstadion – viel schöner geht es eigentlich nicht.“
Mit einem Sieg könnte sein Team ihm diesen besonderen Abend versüßen. Dafür benötigt es aber dringend wieder die Tore des sonst so treffsicheren Kruse. In dieser Bundesliga-Saison aber hat der 29-Jährige, der zu Beginn verletzt ausfiel, noch kein Tor erzielt. Ganz im Gegenteil zu seinem Freund Harnik. Der ein Jahr ältere Angreifer steht schon bei fünf Saisontreffern, ist damit der beste Angreifer des Aufsteigers aus der Landeshauptstadt.
Eine Wette oder änhliches gibt es offiziell zwischen den Freunden nicht. „Da sind wichtigere Dinge auf dem Platz als unser persönliches Treffen“, sagt Harnik. Den einen oder anderen Spruch wird sich der Verlierer aber ganz sicher anhören müssen.