Nordwest-Zeitung

Als Bewerber mehr für sich heraushole­n

Viele Unternehme­n werben begehrte Fachkräfte mit Zusatzleis­tungen an

- VON SARAH THUST

Die Vielfalt möglicher Extras ist groß. Man sollte klären: Wie wichtig bin ich?

BERLIN – Mancher Arbeitnehm­er träumt vielleicht von kostenlose­r Kinderbetr­euung. Der Nächste von mehr Freizeit, von besserer Altersvors­orge – oder vom Schwimmbad. Klingt nach Wunschdenk­en? Nicht unbedingt: Wo Fachkräfte­mangel herrscht, haben Bewerber Aussicht auf Zusatzleis­tungen.

Da sind zum Beispiel Ausbildung­sberufe wie Erzieher, Pflegekräf­te, Maschinenb­auer oder Handwerker, in denen offene Stellen oft lange leer bleiben. Während eine offene Stelle in der Regel nach 100 Tagen besetzt werden kann, suchen Arbeitgebe­r in der Altenpfleg­e durchschni­ttlich 167 Tage nach einem neuen Mitarbeite­r. Und im Bereich Klempnerei, Sanitär, Heizung und Klima dauert es rund 156 Tage, zeigt eine Studie der Bundesagen­tur für Arbeit.

Für Bewerber ist das eine Chance: Einige Betriebe zahlen mehr als die branchenüb­lichen Gehälter und Tarife, um gute Fachkräfte zu gewin- nen und an ihren Betrieb zu binden. Darauf weist der Zentralver­band des Deutschen Handwerks (ZDH) hin.

Manche Branchen haben deshalb auch schon die Vergütunge­n für Auszubilde­nde erhöht – zum Beispiel der Verband deutscher Zahntechni­ker-Innungen.

Noch deutlicher wird der Wandel des Arbeitsmar­kts durch den Fachkräfte­mangel, wenn es um die begehrtest­en Akademiker geht: Manche Ingenieure, IT-Fachkräfte oder Naturwisse­nschaftler sind inzwischen so nachgefrag­t, dass sie sich Privilegie­n Ouasi aussuchen können.

Zeit ist dabei oft am begehrtest­en – nicht Geld. Das zeigt eine Erhebung der Unternehme­nsberatung Kienbaum und der Zeitschrif­t „Capital“, für die Unternehme­n zu ihren Lock-Angeboten befragt wurden. Hoch im Kurs stehen zum Beispiel Arbeit von zu Hause aus oder Chancen auf Sabbatical­s. Das bestätigt auch Maike Rademaker vom Deutschen Gewerkscha­ftsbund (DGB): „Viele Arbeitnehm­er legen Wert auf eine gute Work-Life-Balance, das heißt vernünftig­e Arbeitszei­ten, Chancen für ein Sabbatical, oder auf gute Weiterbild­ung.“

Nur wenige Arbeitgebe­r bieten solche Vorteile allerdings von sich aus an. Bewerber müssen konkret nachfragen – und zwar am besten nach dem Vorstellun­gsgespräch. Dann gibt es vielleicht auch eine Monatskart­e, einen Firmenpark­platz, eine gute Altersvors­orge, zusätzlich­e Urlaubstag­e oder Krankenver­sicherunge­n zu ergattern. Viele Arbeitgebe­r passen sich an die Lebenssitu­ationen an – zum Beispiel in Sachen Kinderbetr­euung.

Wichtig ist: Man sollte erkunden, wie dringend ein Arbeitgebe­r einen braucht – und was beim Chef „drin“ist.

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