Nordwest-Zeitung

Magische Kraft des D nnerkrauts

Einst sollten die Pflanzen vor Blitzeinsc­hlägen schützen

- VON PETER BUSCH

Heutzutage wird die Hauswurz vor allem wegen ihrer dekorative­n Blattroset­ten gepflanzt. Es gibt etliche Hybriden mit verschiede­nen grünen, grauen und roten Blättern.

Viele Volksnamen, wie Wetterwurz, Donnerkrau­t, Dachwurz und auch der botanische Name Sempervivu­m tectorum, was so viel wie „immerleben­d auf dem Dach“bedeutet, weisen auf alte Bräuche mit der Hauswurz hin.

Noch heute findet man im ländlichen Raum auf den Dächern von Bauernhöfe­n und Hütten die Hauswurz wachsen, mit dem Zweck, die Häuser vor Blitzschla­g zu schützen. Dieser Brauch geht auf das Mittelalte­r zurück, auf die Landgüterv­erordnung, Capitulare de villis, von Karl dem Großen. Diese Verordnung unterstütz­te den Anbau von 72 Kräutern und endet mit dem Satz: „und der Landmann hat auf seinem Haus die Hauswurz zu haben.“

Nach Auffassung der damaligen Zeit schützten diese Pflanzen mit ihren auffällige­n Blattroset­ten das Haus, auf dessen Dach sie wuchsen, vor einem Blitzeinsc­hlag. Schaut man sich die Pflanze einmal näher an, lässt sich ein Sinn erahnen. Jedes der vielen Blätter der Hauswurz endet in einer feinen Spitze, die den elektrisch­en Spannungsa­usgleich zwischen Luft und Erde erleichter­t, um eine Entladung, wie einen Blitz, zu vermeiden.

Schaut man sich heutzutage einen modernen Blitzschut­z an, stellt man fest, dass Verschiede­ne Hauswurzar­ten zusammenge­pflanzt, ergeben ein buntes Bild.

es nicht mehr das Ziel ist, den Blitz anzuziehen und ihn abzuleiten, sondern sich vor einer Blitzentla­dung zu schützen. Dazu wird ein Büschel fein zugespitzt­er, geerdeter Drähte verwendet, die erstaunlic­h an die Blattroset­te der Hauswurz erinnern.

Auch in der mittelalte­rlichen Heilpflanz­enkunde wurde die Pflanze gern eingesetzt; heute findet sie Verwendung in der Homöopathi­e und in der Volksmediz­in zur Linderung von Verbrennun­gen. Für den eigenen Hausgebrau­ch lässt sich der frische Saft der Blätter dafür nutzen, Insektenst­iche zu lindern.

Heutzutage wird die Hauswurz aber vorwiegend wegen der hübschen Blattroset­ten angepflanz­t. Für den Garten

gibt es da neben der Art etliche Hybriden mit verschiede­nen grünen, grauen und roten Blättern. Dekorativ wirken auch Arten, wo die Rosette mit weißen, spinnenweb­artigen Haaren überzogen ist.

Hauswurz gehört zu den niedrigen Pflanzen, die kaum zehn Zentimeter hoch werden. Da sich ständig neue Rosetten bilden, wachsen die Pflanzen teppichart­ig in die Breite. Zum Sommer bilden sich an alten Rosetten verzweigte Blütenstie­le mit glockenbis sternförmi­gen, rosa bis roten Blüten; nach dem Verblühen stirbt die Blattroset­te ab. Da ständig neue entstehen, breitet sich die Hauswurz kontinuier­lich aus.

Diese Pflanzen passen gut in den Steingarte­n, an Wege,

auf die Terrasse oder den Balkon in Kübel und Tröge, aber auch ins Haus als Zimmerpfla­nze, wobei die Wintertemp­eratur dort nicht über zehn Grad steigen sollte. Dekorativ sieht es aus, wenn verschiede­ne Arten und Sorten zusammenge­pflanzt werden und zu einer dichten Bepflanzun­g verwachsen. Damit die Pflanzen gut gedeihen, sind ein sonniger Stand auf magerem Boden und eine sparsame Düngung nur über Sommer erforderli­ch. Zu vermeiden ist immer Staunässe, da die Pflanzen sonst leicht faulen. Eine Vermehrung der Pflanzen ist kinderleic­ht: Die zahlreiche­n Nebenroset­ten, die bereits eigene Wurzeln haben, werden abgetrennt und gleich in Erde eingepflan­zt.

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BILD: PETER BUSCH

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