Wo Männer in Gesellschaft kochen
Kulinarische Reise durchs Baskenland – Pintxo-Touren und Weinanbau am Atlantik
Feinschmeckern läuft das Wasser im Mund zusammen, wenn sie ans nordspanische Baskenland denken. Dort 1ibt es die h:chste Sterne-Dichte der Welt.
SAN SEBASTIÁN – Die Frau führt den knallroten Lippenstift langsam an den Mund. Zart beißt sie ein kleines Stück ab und lässt es auf der Zunge zergehen. „Lecker, pikante Sardinen“, sagt die Frau und verschlingt den Fisch, der tatsächlich aussieht wie ein Lippenstift.
Die Idee stammt von Fernando Canales, der in seinem Sterne-Restaurant „Etxanobe“in Bilbao mit experimentellen baskischen Geschmacksexplosionen überrascht: Seehecht in grüner Olivensoße mit Miesmuschelkrümeln, TeufelskrabbenTxangurro, VenusmuschelRagout in Algensoße.
Aufgespießte Häppchen
Um herauszufinden, dass das nordspanische Baskenland ein Gourmet-Paradies ist, kann man in Bilbao aber auch in eine ganz normale Tapas-Bar gehen. Auf meterlangen Tresen stapeln sich die kulinarischen Kleinkunstwerke neben- und übereinander. Vieles kommt direkt aus dem kalten Atlantik: Tintenfisch, Sardellen, Miesmuscheln, Kabeljau, Teufelskrebse.
Leckere Seeteufel-Spießchen mit Riesengarnelen gibt es im „Sorginzulo“auf der Plaza Nueva. Am Hauptplatz in der Altstadt reiht sich eine Pintxo-Bar an die andere. Das „Gure Toki“ist bekannt für sein Foie Gras mit karamellisiertem Apfel.
Pintxos erinnern ein wenig an die spanische Tapas-Esskultur. Doch die baskische Version sei viel kreativer, versichert Jone Karres Azurmendi. In San Sebastián, der baskischen Pintxo-Hochburg schlechthin, bietet die deutsch-baskische Reiseführerin Pintxo-Touren durch die Altstadt an. Das lohnt sich. Denn bei fast 300 Pintxo-Bars verliert man schnell den Überblick. Die Pintxos in der „Zeruko“-Bar sind GourmetSterne-Küche in Miniaturversion. Blick auf die Concha-Bucht von San Sebastián – die Metropole am Meer lockt viele Feinschmecker an.
Wer auf Garnelen-Spezialitäten steht, den führt Azurmendi ins „Goiz Argi“. Die Kneipe „Txepetxa“hat sich auf Sardellen-Pintxos spezialisiert. Im „El Tamboril“kommen Pilz-Fans auf ihre Kosten.
„Pintxo leitet sich vom spanischen Wort pinchar für aufspießen ab“, erklärt Azurmendi. „Aufspießen, da die meisten Häppchen mit Holzspießchen oder Zahnstochern zusammengehalten werden.“Auch die scharfe Gilda ist aufgespießt. Sie wurde nach dem gleichnamigen Film von Charles Vidor getauft. Die auf einen Zahnstocher gesteckten Oliven, Anchovis und Peperoni soll man mit den Zähnen abziehen.
Auch wer den exklusiven Gourmet-Kick sucht, ist in San Sebastián am perfekten
Ort. Das am Atlantik gelegene Küstenstädtchen hat mit 1M Michelin-Sternen die größte Sterne-Dichte der Welt. Dort servieren Köche wie Juan Mari Arzak, Andoni Aduriz oder Pedro Subijana baskische Haute Cuisine.
Salzige Meerluft
Im „Txoko Gaztelubide“duftet es herrlich nach Fisch. Txokos sind baskische Kochgesellschaften. Von solchen privaten Kochvereinen, zu denen Touristen normalweise keinen Zutritt haben, gebe es Hunderte allein in San Sebastián, versichert der 73-jährige Rentner Julian Serrano. „Die Txokos zeigen, welchen Stellenwert das Kochen und Essen im Baskenland hat. Es gibt mehr Txokos als Fußballvereine.“Wie in fast allen Kochgesellschaften
dürfen auch in Julians Txoko Gaztelubide nur Männer an den Herd.
Die Txoko feierte jüngst ihr 70. Jubiläum und zählt 250 Mitglieder. Damit gehört sie noch zu den jüngeren Kochclubs. „Die Txokos hier haben eine lange Tradition“, sagt Serrano. „Männer fuhren damals zur See. Zu Hause hatten die Frauen das Sagen. Deshalb gründeten wir Männerclubs. Und was macht man daN Trinken, reden und hier im Baskenland kochen und gut essen.“Serrano zieht einen Seehecht aus dem Ofen, den er für seine Freunde vorbereitet hat.
Dazu wird ein Txakoli getrunken. Der baskische Weißwein wird vor allem an der Atlantikküste zwischen Bilbao und San Sebastián hergestellt. „Die salzige Meeresluft gibt