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Grausige Geschichten aus Sagen, Gerichtsberichten, Zeitungsnachrichten und anderen Unterlagen serviert der Oldenburger Gästeführer Helmuth Meinken in seinem Buch über Mörder, Henker und Spökenkram. Die „Zeitreise des Schreckens“reicht von der frühen Neuzeit bis ins 20. Jahrhundert.
Da wird der reiche Viehhändler Hake Betcken aus Landwürden im Jahre 1618 von drei gemeinen Mördern erschossen und verscharrt, doch die Tauben bringen die Untat schließlich an den Tag. In Strücklingen wird der jungen schwangeren Margaretha 1841 von ihrem Geliebten Ahlrich heimtückisch die Kehle durchgeschnitten, denn seine Eltern verweigern die Einwilligung zur Ehe und er fürchtet um sein Erbe. Der Oldenburger Zimmermann Muhle betrügt seinen Gesellen um dessen Erbe und geht deshalb nach seinem Tode als Spukgestalt umher. 1884 wird der Händler Steenken in Godensholt von einem Raubmörder ertränkt und dieser nach erfolgter Verurteilung guillotiniert. Zur Dänenzeit muss der Meisterdieb Jan für seine Taten büßen, indem er mit einem glühenden Eisen gebrandmarkt und versklavt wird, und nach einer Flucht endet er am Galgen. Beim letzten nachweisbaren Zaubereiprozess in Oldenburg wird die Angeklagte Katharina Deters 1589 des Landes verwiesen. Von Hexen- und Katzenwahn handeln einige Sagen, die Ludwig Strackerjan festgehalten hat. 1902 dringt ein wahnhafter Mann in die Wohnung des Oldenburger Oberamtsrichters Heinrich Becker an der Huntestraße ein und erschießt ihn aus Rache, weil der Richter ihn angeblich ruiniert hat. 1927 wird das 52jährige „Fräulein“Marie Schäfer zum Mordopfer ihrer verschlagenen Schwägerin Anna Berta Schäfer, welche die Leiche im Torfkeller versteckt und mit gefälschten Grußkarten suggeriert, die Tote sei auf Reisen. In der bekannten Sage von der Gertrudenlinde bezichtigt ein Kaufmannssohn ein Waisenmädchen fälschlich des Diebstahls. Der ständig in Geldnot befindliche Adolf Denker erschlägt seinen Bruder und seine Eltern im Jahre 1910 gnadenlos mit dem Beil.
All diese grausamen Geschichten hat Helmuth Meinken so erzählt, wie es in den überlieferten Texten steht. Er hat keine wesentlichen Details hinzugedichtet, sondern lediglich den Rahmen etwas ausgeschmückt. Das lässt die Geschichten sehr lebendig wirken. Der Leser fühlt sich zurückversetzt in frühere Zeiten – und ist wie bei einem Moritatensänger zugleich interessiert und abgestoßen von den menschlichen Abgründen, die er miterleben muss. Wer starke Nerven hat, wird gerne zu diesem kurzweiligen Buch greifen.
Helmuth Meinken: Mörder, Henker, Spökenkram. Oldenburgische Geschichten für starke Nerven, Isensee Verlag, Oldenburg 2015, 80 S., Abb., Broschur, ISBN 978-3-7308-1209-9, Preis: 9,90 Euro. Matthias Struck