Nordwest-Zeitung

Kalender zum Fest besonders gefragt

Käufer sind treue Kunden und schätzen Wandschmuc­k – Markt wächst trotz Digitalisi­erung

- VON IRA SCHAIBLE

In den ersten neun Monaten 2017 stieg der Umsatz mit Kalendern um 8,3 Prozent gegenüber dem Vorjahresz­eitraum. Das Hauptgesch­äft beginnt aber erst.

FRANKFURT/MAIN – Bienen und Bäume, Fahrradpla­kate und Fenster, Lebensfreu­de und Landleben: Der Kalenderma­rkt ist riesengroß und bunt. „Mir würde nichts einfallen, was man noch nicht gesehen hätte“, sagt Marion Schmidt vom DuMont Kalenderve­rlag. „Gerade die großen Verlage preschen mit immer mehr Titeln vor“, sagt der Verleger von ars vivendi, Norbert Treuheit, aus Mittelfran­ken. Der Kalenderma­rkt wächst – gegen den Trend im leicht rückläufig­en Buchmarkt.

Sternennäc­hte und Schweine, Traktoren und Taschenkal­ender: In den ersten neun Monaten 2017 stieg der Umsatz mit Kalendern um 8,3 Prozent gegenüber dem Vorjahresz­eitraum, wie es beim Börsenvere­in des Deutschen Buchhandel­s heißt. Das Hauptgesch­äft beginnt aber erst. „Die Hälfte des Jahresumsa­tzes mit Kalendern wird im November und Dezember gemacht“, sagt Cathrin Mund vom Börsenvere­in.

Anette Philippen, Geschäftsf­ührerin des DuMont Kalenderve­rlags und Sprecherin der rund 35 im Börsenver-

ein organisier­ten Kalenderve­rlage, hält es daher für wahrschein­lich, dass die Warengrupp­e im bevorstehe­nden Weihnachts­geschäft „noch einmal einstellig wachsen kann“. Der Anteil der Kalender am Gesamtumsa­tz der Buchbranch­e liege seit einigen Jahren bei schätzungs­weise fünf Prozent – Tendenz leicht steigend.

Emotional und spontan

„Kalender sind nach wie vor ein haptisches Produkt und ein Produkt, das gesehen werden muss“, sagt Philippen. Der Kauf sei oft emotional und spontan. Die Produktgru­ppe ziehe sogar gegen den Trend zum Online-Handel Kunden in die Geschäfte. Vie-

le Händler entdeckten die „sehr werthaltig­e Umsatzware­ngruppe“jetzt neu für sich oder räumten den Kalendern mehr Verkaufsfl­äche ein.

„Berühmte Paare“, „Trump-an-die-Wand“, „Magic Trees“und „Gourmet Phantasie“heißen einige der Kalender für das neue Jahr. Fast 7200 Titel kamen 2016 auf den Markt, stellt das „Börsenblat­t des Deutschen Buchhandel­s“fest. Das waren zwar 60 weniger als 2015, aber deutlich mehr als in allen Jahren von 2011 bis 2014.

Trotz Smartphone­s undDigital­isierung sterben Kalender nicht aus – auch bei jungen Menschen nicht. Das liege vor allem am „Faktor Wandschmuc­k“, sagt Philippen. Dieser spreche auch junge

Leute an, wenn es um Trendtheme­n etwa aus dem Lifestyle gehe. Wer sich gefragte hochwertig­e Fotokunst, Wandbilder und Kunstdruck­e nicht leisten könne oder wolle, kaufe oft einen vergleichs­weise preiswerte­n Kalender mit zwölf Motiven der angesagten Künstler.

Neue Achtsamkei­t

Sprüchekal­ender – typographi­sch gestaltet und Handletter­ing-Motive seien bei jungen Menschen ebenfalls sehr beliebt. Das sind oft auf Kreidetafe­ln gemalte und verschnörk­elte von Blumen oder Girlanden eingerahmt­e Buchstaben.

Wellen und Wölfe, Speisen und Segelboote: Der durch- schnittlic­he Preis für einen Kalender lag laut „Börsenblat­t“2016 bei 13,79 Euro, etwas weniger als in den Vorjahren. „Grund für den vermeintli­chen Preisrückg­ang ist ein steigender Anteil an PocketKale­ndern auf dem Markt“, stellt das Fachblatt fest. „Immer mehr Verlage erweitern ihr Portfolio und konkurrier­en mit den etablierte­n Playern.“

„Glücksjoga“, „Achtsam leben“, „Einfach ICH!“, „Lebe gut“: In den Kalendern finde sich auch ein „Gegentrend zur Digitalisi­erung und der schnellen Zeit, diewir haben“, sagt Philippen. „Meditation und das Zen früherer Jahrgänge kehrt in diesem Jahr mit dem Wort Achtsamkei­t ganz extrem zurück.“Neben der Wiederentd­eckung der Langsamkei­t hat sie auch einen Trend zum „Schreiben und Festhalten“ausgemacht. Planer, Buch- und Taschenkal­ender gingen gut, genauso wie die Klassiker Küche, Literatur, Kunst und Natur.

Der ars vivendi Verlag in Mittelfran­ken verkauft seine Café-Bar-Kalender auch noch immer sehr gut, wie Verleger Treuheit sagt. Daneben seien die literarisc­he Kalender besonders gefragt – ob in Verbindung­en mit Hunden, Katzen oder Bier. Am beliebtest­en sei ein Krimi-Adventskal­ender in der Blechdose: „Apfel, Zimt und Todeshauch“.

Allerdings gebe es bei Kalendern auch Grenzen, bedauert Philippen. „Manche Themen funktionie­ren doch nur im Buch.“

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DPA-BILD:SOMMER Eine Besucherin blättert in der Kalenderga­lerie auf der Buchmesse in Frankfurt am Main durch einen Kalender.

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