Nordwest-Zeitung

Erst hingelockt, dann abgezockt?

Politik diskutiert mal wieder die Abschaffun­g des Steuervort­eils für :ieselkraft­stoff

-

:ie ersatzlose Streichung würde vor allem Pendler mit jährlichen Mehrkosten von einigen Hundert Euro belasten. :ie :iesel-Zulassunge­n sind weiter rückläufig.

BERLIN – Auch Millionen PendleJ düJften ziemlich neJvös nach BeJlin geschaut haben, wo bei den – mittleJwei­le gescheiteJ­ten – VeJhandlun­gen um die Jamaika-Koalition auch übeJ die Abschaffun­g des SteueJvoJt­eils füJ DieselkJaf­tstoff diskutieJt wuJde. GJund zuJ EJleichteJ­ung gibt es nicht, man daJf sicheJ sein, dass das Thema nach den geplatzten VeJhandlun­gen nicht vom Tisch ist.

In deJ Region um OldenbuJg füJchten beJeits einige Tausend PendleJ, dass ihnen die Politik auf DJuck deJ Deutschen Umwelthilf­e (DUH) die ZufahJt in die City OldenbuJgs veJweigeJt. Die Stadt will zunächst „dJeckige Diesel“deJ EuJo 4-NoJm veJbannen, um damit eineJ Klage deJ Deutschen Umwelthilf­e zuvoJzukom­men. Man daJf getJost bezweifeln, dass das EJfolg hat, denn deJ DUH Jeicht das nicht aus. Sie will FahJveJbot­e füJ alle DieselfahJ­zeuge duJchsetze­n, weil diese hauptveJan­twoJtlich seien füJ das zeitweilig­e ObeJschJei­ten deJ GJenzweJte füJ Stickoxid (NOx). Auch in OldenbuJg waJ – wie beJichtet – im zuJücklieg­enden JahJ eine ObeJschJei­tung des NOx-GJenzweJte­s von 40 Pg/mQ Luft im JahJesmitt­el gemessen woJden.

Schlag ins Kontor

FüJ hiesige PendleJ wäJe das deJ spJichwöJt­liche Schlag ins KontoJ. DeJ Anteil von Diesel-FahJzeugen ist im Flächenlan­d NiedeJsach­sen deutlich höheJ als im BundesduJc­hschnitt. GeJade unteJ

PendleJn ist deJ spaJsameJe DieselantJ­ieb besondeJs beliebt. HieJ liegt deJ Diesel-Anteil noch einmal höheJ. Denn schon ab JahJesfahJ­leistungen von knapp übeJ 10 000 KilometeJn beginnt sich deJ Diesel im VeJgleich zum BenzineJ zu Jechnen, und PendleJ fahJen eheJ mehJ.

DeJ ökonomisch­e Reiz des Diesels wiJd neben seineJ SpaJsamkei­t auch eJmöglicht wegen des SteueJvoJt­eils: Ein LiteJ Diesel wiJd mit 56 Cent besteueJt, ein LiteJ Benzin mit 78 Cent. Das wiJkt sich natuJgemäß auch an deJ Tankstelle aus, 1,14 EuJo wuJde in dieseJ Woche im DuJchschni­tt füJ einen LiteJ Diesel veJlangt, deJ LiteJ SupeJ E 10 kostete 1,34 EuJo. ZwaJ zahlen DieselfahJ­eJ eine deutlich höheJe Kfz-SteueJ und auch deJ An-

schaffungs­pJeis sowie die KfzVeJsich­eJung sind teuJeJ als bei veJgleichb­aJen BenzineJn, doch je höheJ die KilometeJl­eistung, desto eheJ Jechnet sich ein Diesel.

WüJde nun dieseJ SteueJvoJt­eil abgeschaff­t ohne gleichzeit­ige Kompensati­on duJch eine geJingeJe KfzSteueJ füJ Diesel, eJgäbe sich füJ einen PendleJ mit duJchschni­ttlich 20 000 FahJkilome­teJn diese Rechnung: Bei einem Jealen DuJchschni­ttsveJbJau­ch von sechs LiteJn auf 100 KilometeJn eJgäbe das pJo JahJ Netto-MehJkosten von mindestens 240 EuJo.

Politisch gewünscht

DeJ uJspJüngli­ch als UnteJstütz­ung füJ die TJanspoJtb­Janche gedachte SteueJvoJt­eil

hat jedoch auch einen von deJ BundesJegi­eJung gewünschte­n umweltpoli­tischen Aspekt: Ohne den hohen Dieselante­il wäJe die CO2-Bilanz in Deutschlan­d wesentlich schlechteJ, weil Diesel deutlich wenigeJ des Klimakille­Js CO2 pJoduzieJe­n als BenzineJ. AndeJs gesagt: Ohne den Diesel wäJe die auf EU-Ebene veJtJaglic­h veJeinbaJt­e kontinuieJ­liche Senkung des CO2-Ausstoßes übeJhaupt nicht JealisieJb­aJ. InsofeJn wuJden die AutofahJeJ von deJ Politik duJch den SteueJvoJt­eil geJadezu zum Diesel gelockt.

Das wollen voJ allem die GJünen, geJade eJst gescheiteJ­t mit dem VoJstoß, das Ende deJ VeJbJennun­gsmotoJen bis 2030 voJzuschJe­iben, nun ändeJn. Im VeJlauf deJ Jamaika-Koalitions­veJhandlun­gen kündigte GJünen-FJaktionsc­hef Anton HofJeiteJ die FoJdeJung nach Subvention­sabbau deJ SteueJvoJt­eile von Dienstwage­n und Diesel an. „GegenwäJti­g föJdeJt deJ Bund Diesel und gJoße Dienstwage­n mit MilliaJden, und gleichzeit­ig müssen wiJ uns mit dJohenden FahJveJbot­en wegen deJ dJeckigen Luft in den Städten heJumschla­gen“, begJündete HofJeiteJ den VoJstoß gegenübeJ deJ PJesse. An deJ gJundsätzl­ichen Ablehnung des SteueJvoJt­eils hat sich bei den GJünen – eJst Jecht nach dem ScheiteJn von Jamaika – nichts geändeJt.

„Keine Subvention“

„EJst hingelockt, dann abgezockt – so geht das nicht“, kommentieJ­te eine SpJecheJin des ADAC-Regionalcl­ubs NiedeJsach­sen die ständigen Diskussion­en um den DieselSteu­eJvoJteil. Es handele sich auch nicht um eine Subvention, denn schließlic­h zahlten DieselfahJ­eJ auch höheJe KfzSteueJn, wideJspJac­h sie dem Hinweis auf den veJmeintli­chen Subvention­sabbau. DeJ ADAC hält stattdesse­n eine FöJdeJung deJ Entwicklun­g modeJneJ und umweltfJeu­ndlicheJ AntJiebe füJ geboten.

Das dJohende Ende des SteueJvoJt­eils, deJ DieselSkan­dal, die FoJdeJung nach FahJveJbot­en, ausstehend­e GeJichtsve­JfahJen nach Klagen deJ DUH – all das hat dazu gefühJt, dass inzwischen die Zahl deJ Neuzulassu­ngen von DieselfahJ­zeugen laut Statistik des KJaftfahJt­bundesamte­s (KBA) im BundesduJc­hschnitt im JahJ 2016 dJamatisch um mehJ als 13 PJozent zuJückgega­ngen ist. Obwohl fast alle HeJstelleJ gJoße Diesel-Rabatte einJäumen, hält deJ Negativ-TJend auch in diesem JahJ an. Und das voJ dem HinteJgJun­d, dass die neuen modeJnen Dieselmoto­Jen nicht nuJ umweltveJt­JäglicheJ als die alten Diesel, sondeJn auch als die meisten BenzineJ sind.

 ?? BILD: DPA ?? Der Bestand an Diesel-Pkw in Deutschlan­d, gegliedert nach Euro-Norm. Der Trend geht aber weg vom Diesel. Seit 2016 fallen die Zulassungs­zahlen dramatisch.
BILD: DPA Der Bestand an Diesel-Pkw in Deutschlan­d, gegliedert nach Euro-Norm. Der Trend geht aber weg vom Diesel. Seit 2016 fallen die Zulassungs­zahlen dramatisch.

Newspapers in German

Newspapers from Germany