Nordwest-Zeitung

Keine Hoffnung mehr für U-Boot-Besatzung

Marine vermutet Explosion an Bord – Angehörige wütend auf Behörden

- VON ASTRID RIEHN UND JUAN GARFF

MAR DEL PLATA/BUENOS AIRES – „Sie haben uns verlassen!“, ruft Jessica Gopar verzweifel­t. Sie ist eine der Angehörige­n der 44 verscholle­nen Besatzungs­mitglieder des argentinis­chen U-Boots „ARA San Juan“. Und sie meint nicht nur ihren 35 Jahre alten Ehemann, Elektrotec­hniker und Unteroffiz­ier des U-Boots, sondern auch und vor allem die Führung der Marine. Diese berichtete nach einer Reihe von falschen Hoffnungsz­eichen erst acht Tage nach Abbruch der Verbindung mit dem U-Boot, dass es eine Explosion an Bord gegeben haben könnte.

Seit dem 15. November ist die „ARA San Juan“im Südatlanti­k verscholle­n. Jessica Gopar hatte es bisher vermieden, sich wie andere Angehörige der Besatzungs­mitglieder auf dem Marine-Stützpunkt in Mar del Plata einzufinde­n. Sie wollte sich nicht noch mehr deprimiere­n lassen. Just als sie diesen Schritt wagen will, hört Gopar, dass es eine Explosion an Bord des U-Boots gegeben haben soll. „Gerade erfahre ich, dass ich Witwe geworden bin“, sagt die Mutter eines Babys unter Tränen.

Meeressond­en der internatio­nalen Atomtestst­oppbehörde CTBTO und der USA hätten übereinsti­mmend eine Explosion auf der vermuteten Position der „ARA San Juan“im Südatlanti­k festgestel­lt. Diese sei unmittelba­r nach der letzten Funkverbin­dung erfolgt, erklärte die Marine.

Der Marinespre­cher, Kapitän zur See EnriPue Balbi, umschrieb es vorsichtig: „Das registrier­te Ereignis war anormal, einzig, kurz, gewaltig und nicht nuklearen Ursprungs“, sagte er vor der Presse. Ein Journalist fragte, ob er eine Explosion meine. „Ja“, war die knappe Antwort.

Angehörige der Crew stürzt die jüngste Wende in dem Drama in Wut und Verzweiflu­ng. „Sie haben meinen Bruder getötet, weil sie die Mannschaft mit diesem Flickwerk auf die Reise geschickt haben“, empört sich ein Mann über den angebliche­n schlechten Zustand, in dem sich das im Emden gebaute und 1985 von Argentinie­ns Marine in Dienst genommene U-Boot befunden haben soll.

Einige Angehörige regt auch die Art und Weise auf, wie sie von dem Unglück erfahren: „Sie haben uns nicht gesagt, dass sie tot sind, aber das ist eine logische Folgerung“, sagt Itati Leguizamón, Ehefrau eines Besatzungs­mitglieds voller Zorn. „Ich habe keine Hoffnung mehr.“

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