Josef-Hospital: 160 werden Job verlieren
Kommunal oder privat? Zukunft der Klinik in Delmenhorst steht zur Debatte – Mehr Kündigungen
Bei der Rettung des Delmenhorster Josef-Hospitals zeichnet sich ein Strategiewechsel ab. Trotzdem werden viele Millionen benötigt.
DELMENHORST – Noch vor dem Weihnachtsfest könnte es im Delmenhorster Krankenhaus Josef-Hospital zu Kündigungen kommen. Das sagte am Freitag in einem Pressegespräch Dr. Mark Boddenberg. Der Kölner Jurist, Fachgebiet Insolvenzrecht, versucht seit Wochen gemeinsam mit der Stadtverwaltung, das kriselnde Krankenhaus zu retten. Auf einer Mitarbeiterversammlung am Freitagnachmittag verkündete Boddenberg, dass 160 von insgesamt 1000 Mitarbeitern gehen müssen. Ende Oktober war noch von 70 Vollzeitstellen die Rede gewesen.
„Es braucht einen drastischen Schnitt“, so der Jurist, „wir machen 12,3 Millionen Euro Minus im Jahr.“Delmenhorsts Oberbürgermeister Axel Jahnz (SPD): „Wir hatten in den letzten Wochen fast jeden Tag neue Fakten auf dem Tisch. Für uns war die finanzielle Schieflage bis in den September nicht erkennbar.“Jahnz vermeidet davon zu sprechen, dass die Geschäftsführung vorsätzlich falsche Zahlen präsentiert habe, fragt aber nach der Rolle der Unternehmensberatung, die lange in dem Haus tätig war.
Das derzeitige Delmenhorster Krankenhaus ist aus der Fusion des katholischen St.-Josef-Stifts und des Städtischen Klinikums entstanden. Zwei unterschiedliche Welten, zwei Belegschaften mit unterschiedlichen Arbeitsverträgen sollten zusammenwachsen. Es sollte nicht gelingen. Vor wenigen Wochen verweigerte die Josef-Stiftung jegliches weitere finanzielle Engagement, die Stadt musste in die Bresche springen.
Boddenberg: „Wir unternehmen einen vollständigen Strategiewechsel mit Auflösung der Doppelstrukturen.“Erst danach gebe es überhaupt eine realistische Chance, das Haus zu sanieren – um es dann unter kommunaler Trägerschaft weiterzuführen oder es an einen privaten Krankenhausbetreiber zu veräußern. Welcher Weg verfolgt wird, wird der Delmenhorster Rat am Dienstag in einer Sondersitzung entscheiden müssen. In beiden Fällen wird es teuer für die Stadt, die in den vergangenen Jahren schon 25 Millionen Euro ins Krankenhaus gesteckt hat, um seinen Fortbestand zu sichern. In den nächsten drei Jahren dürften weitere 20 Millionen zur Liquiditätssicherung, aber auch für die Instandhaltung, Investitionen und Restrukturierungen fällig werden, hieß es. Zum 1. Dezember soll – nach Überführung der Belegschaft in die Krankenhaus-Betriebsgesellschaft – ein neues Regelinsolvenzverfahren eröffnet werden
Erstes Ziel von Boddenberg ist es, die jährliche Verlustrechnung auf 5,5 Millionen Euro zu drücken. Er spricht von einem „Vertrauensverlust“des Hauses. Nur 55 Prozent der Delmenhorster, die stationär ins Krankenhaus müssten, gingen ins JosefHospital, die normale Kennzahl liegt bei 80 Prozent.
Um das Vertrauen und damit gute Belegzahlen wiederherzustellen, bräuchte es mindestens drei bis vier Jahre, glaubt der Jurist. Die Patientenmorde des Niels Högel werfen immer noch einen langen Schatten auf das Krankenhaus.