„Kann nicht so oft wählen, bis das Ergebnis passt“
Betrifft: „Nac@ Jamaika-Debakel: Steinmeier ma@nt Parteien“, Titelseite, 21. November, sowie weitere Beric@te
Die Reaktion von Martin Schulz am Wahlabend des 24. Septembers 2017 hat mich wie viele andere Genossinnen und Genossen mit Stolz erfüllt – mit Stolz darauf, ein Sozialdemokrat zu sein! Viele schmerzhafte Kompromisse haben wir in den letzten Jahren schließen müssen. Damit haben wir viele unserer Wähler enttäuschen müssen. Damit sollte jetzt Schluss sein. Es sollte die Gelegenheit zum Neuanfang sein. Die Gelegenheit, die SPD wieder zu einer echten sozialdemokratischen Partei zu machen.
Doch bis heute haben sich viele Dinge verändert in unserem Land. Die FDP scheut die Verantwortung und hat den Weg in die national-populistische Ecke angetreten. Die AfD war für mich nie eine Bedrohung für die deutsche Demokratie, eine nach rechts abgedriftete FDP ist es, wie wir in Österreich leidvoll erfahren mussten, durchaus.
Daraus ergibt sich eine neue Sachlage, die das SPDPräsidium und der SPD-Parteivorstand nicht vorschnell ohne Einbindung der Basis entscheiden sollten. Sigmar Gabriel hat vor vier Jahren die Basis über das Verhandlungsergebnis der Großen Koalition abstimmen lassen, und das war auch gut so!
Neben der Großen Koalition ist auch eine Regierung unter Einbindung der Grünen, die sogenannte KeniaKoalition, denkbar. Neuwahlen sind der denkbar schlechteste Weg und es ist bei weitem nicht ausgemacht, dass die SPD aus dieser Wahl als der Sieger hervorgehen wird.
Für mich selbst habe ich die Entscheidung getroffen, im Falle eine Verweigerung der SPD und einer Neuwahl, nach 20 Jahren Mitgliedschaft aus der SPD auszutreten und meine Stimme zukünftig einer regierungswilligen Partei zu geben. (...)
Niksa Ma(usic
Welche Chancen hat eine Minderheitsregierung ?
Die Frage müsste man anders herum stellen: „Welche Vorteile könnte eine Minderheitsregierung der Demokratie und dem Volk bescheren?“
Denn ein Umdenken bei unseren Politikern ist schon lange fällig, der Souverän ist und bleibt immer der Bürger, nicht die Partei, die der Politiker vertritt.
Ergo müsste der Politiker, sobald er vom Souverän gewählt wurde, nur noch im Sinne von diesem handeln, er müsste bis zum nächsten Urnengang vergessen, welcher Partei er angehört, denn nicht die Interessen seiner Partei und damit auch die der Lobbyisten, sondern die des Souveräns (wir das Volk), für den er auch seinen Amtseid leisten musste, seine Handlungen bestimmen.
Um später in einem Wahljahr wieder eine Mehrheit zu erlangen, würden auch wichtige Probleme, die für unsere nachfolgenden Generationen lebenswichtig sind (Klimawandel, Rente, Friedenspolitik, Industrie und Landwirtschaft, Armut und so weiter) ins Regieren mit einbezogen und behandelt werden.
Hierbei könnte auch die AfD mit einbezogen werden, ob sie wirklich bereit ist, Verantwortung zum Wohle der Gesamtheit in der Bundesrepublik lebenden Menschen zu übernehmen.
Frau Angela Merkel möchte als Bundeskanzlerin wiedergewählt werden, ergo müsste sie auch bereit sein, zum Wohle des Volkes (wie sie bei jeder Gelegenheit betont) als Kanzlerin in einer Minderheitsregierung die Verantwortung zu übernehmen.
Ich bin davon überzeugt, wenn alle Politiker bereit sind, Schaden vom Volk abzuwenden danach handeln, ist das Gelingen einer Minderheitsregierung gewiss (...).
Hein(ich Kalme(
Angesichts des Wahlausgangs hatten wir bislang volles Verständnis für die Entscheidung der SPD, die Rolle der führenden Oppositionspartei im neuen Bundestag zu übernehmen.
Nun hat sich aber durch das Scheitern der JamaikaVerhandlungen eine neue Situation ergeben. Eine stabile Regierung ist nur durch Bildung einer Großen Koalition oder Tolerierung einer CDU/ CSU-geführten Minderheitsregierung möglich.
Der europa- und außenpolitische Handlungsdruck duldet keine Verzögerung. Wir fordern Sie daher als direkt gewählten Abgeordneten der Stadt Oldenburg und des Ammerlands auf, sich in Ihrer Partei und Fraktion mit allem Nachdruck dafür einzusetzen, dass die SPD unverzüglich in Sondierungsverhandlungen eintritt, damit eine neue Regierung bis spätestens Januar 2018 gebildet werden kann.
Wir werden in den nächsten Wochen sehr genau beobachten, welche der Parteien ihrer staatspolitischen Verantwortung nachkommen.
Hanna und Jens-Pete( G(een
Warum spricht eigentlich niemand davon, dass es eine weitere demokratische Partei gibt, die beharrlich ignoriert wird. Diese Partei entstand, weil die Bevölkerung mit dem Gebaren der bisherigen Parteien, allen voran die CDU, nicht einverstanden ist. Mit anderen Worten: Die Parteien haben die AfD hervorgerufen und die Bevölkerung hat sie gewählt. Die AfD wurde drittstärkste Partei, und jetzt sollte sie ebenfalls bei der Regierungsbildung berücksichtigt werden. Oder will man diesen Wählerkreis weiter ignorieren? Dann dürfte sie noch stärker werden. Und deswegen hoffe ich, dass unser Bundespräsident auch der AfD ins Gewissen ruft, dass auch diese Partei einen Wählerauftrag hat. Und hoffentlich hält er das auch der Merkel und ihrer CDU vor.
Johann Zimme(mann
Nachdem die Sondierungsgespräche ein unverhofftes Ende gefunden haben, prügeln die drei anderen Gesprächspartner unisono auf Christian Lindner von der FDP ein. Sprüche wie „wir hätten uns einigen können“sorgen zumindest bei mir für Unverständnis. Ja, was hat man in den vergangenen Wochen gemacht? Eines ist aber deutlich geworden: Die Parteien sorgen sich um ihr Wohl, die gesamtstaatliche Verantwortung – wie immer betont wird – ist dabei vollkommen ins Hintertreffen geraten. Die „Wir schaffen das“-Kanzlerin kann selbst nach der krachenden Wahlniederlage am 24. September keine Fehler erkennen, also ein „Weiter so“. In ihrem Interview mit der Ð hat sie das noch einmal herausgestellt! Bei einer eventuellen Neuwahl im kommenden Jahr wird man sehen, was das Wahlvolk davon hält. Ich für meinen Teil kann jetzt schon sagen: nichts, aber auch gar nichts!
Jü(gen Wohltmann
Die Misere wird von den Parteiführern richtig dargestellt. Sie fühlen sich ihren Wählern verantwortlich und fürchten, für Abstriche am Wahlprogramm mit Liebesentzug bestraft zu werden. Das ist richtig. Parteivorsitzende sind ihrer Partei verantwortlich. Damit wird das Grundproblem der Sondierungsgespräche offengelegt: Es verhandeln Personen, die dem Parteiwohl verpflichtet sind. Es verhandeln Personen, die – jedenfalls in ihrer Eigenschaft als Parteivorsitzende – die zu bildende Regierung gar nicht wählen.
Meines Erachtens müssten Sondierungsgespräche und Koalitionsverhandlungen von denjenigen geführt werden, die die Regierung auch wählen und später tragen sollen, also den Abgeordneten. Diese sind nicht ihrer Partei, sondern nach ihrem Amtseid dem gesamten deutschen Volk verantwortlich.
Natürlich wird die personelle Zusammensetzung nicht sehr unterschiedlich sein. Die Rolle ist aber eine andere. Äußert in Verhandlungen jemand, dass er das seiner Partei oder seinen Wählern nicht zumuten könne, muss ihm (oder ihr) entgegengehalten werden, dass er dann, wenn er einen Loyalitätskonflikt zwischen beiden Funktionen sieht, eben sein Abgeordnetenmandat niederlegen muss. Wir brauchen keine Abgeordneten, die ihre Partei oder ihre Wähler höher stellen als das gesamte Volk.
Ho(st Schiko(ski
Frau Merkel, die CDU hat mit Ihnen das schlechteste Wahlergebnis seit 1949 eingefahren. Ganze 8,6 Prozent minus spricht eine deutliche Sprache für Ihre letzte Regierungszeit. Sie wurden als amtierende Bundeskanzlerin von den Bürgern abgestraft für vier Jahre Stillstand mit den besonders wichtigen Themen Rente, Pflege, Innere Sicherheit, das Flüchtlingsproblem, fehlenden sozialen Wohnungsbau, Rückstand in der Digitalisierung, Altersarmut etc. Der zweite Tiefschlag kam, als die SPD ein „Weiter so“– nichts zu tun – in der Groko dafür die Gefolgschaft verweigert hat. Der Rettungsanker mit den Grünen und der FDP als sogenannte Jamaika-Koalition ist auch gescheitert. Die unterschiedlichen Auffassungen zu politischen Themen in diesen Parteien war für den informierten Bürger klar, dass das nicht zusammen gehen kann.
Ihnen, liebe Frau Merkel, müssten diese Zeichen Anlass geben, nun endlich zurückzutreten. Aber an der Macht zu bleiben, ist für Sie wichtiger als alles andere. Nun seien Sie konsequent und nehmen Sie die Botschaften an und geben damit der CDU die Chance, sich zu erneuern. Ebenso wie die SPD es für sich auch geplant hat. Junge, nicht verbrauchte Politiker sollten nun Verantwortung übernehmen und die zukünftigen Herausforderungen meistern. Man schaut auf Frankreich und Österreich, wo junge Politiker keinen Stillstand verwalten wollen, sondern sie wollen die Zukunft mitgestalten. So etwas wünsche ich mir auch für Deutschland.
Dietha(d Dehne(t Statt Wahlversprechen, Machterhaltung beziehungsweise Machteroberung nach jeder Sitzung unterschiedliche „Wasserstandsmeldungen“. Gesichtsverlust wäre fatal. Die Grünen, (8,9 Prozent) überschlagen sich ja förmlich mit illusorischen Kompromissvorschlägen, die Herr Dobrindt (CSU) Schwachsinn nennt.
Es folgt Herr Lindner mit Kompromissen beim Solidaritätszuschlag (Soli). Die NochKanzlerin, der leider der Partner zur Bildung einer bequemen Großen Koalition (Groko) abhanden kam, hat Angst vor Neuwahlen. Und Herrn Seehofers starkem Drohen in Bayern folgt in der Regel das Einknicken bei der Kanzlerin. Man kann es als Hoffnungsschimmer bezeichnen, dass sich in der CSU etwas bewegt. Was nicht zusammenpasst, sollte man nicht mit aller Gewalt passend machen.
Doch die Politiker, die bei jeder Gelegenheit von Staatswohl und stabiler Demokratie sprechen, müssen natürlich auch an ihre Partei und sich selbst denken. Die naiven Wünsche des Volkes wie: Begrenzung der Zuwanderung, Familiennachzug, Schutz und Sicherheit, soziale und steuerliche Gerechtigkeit, Volksbefragungen und so weiter werden von der Regierung im Konjunktiv (werden, wollen, können) beantwortet.
Lieber Neuwahlen als diese Möchtegern-Koalitionäre.
Walte( Pi((
Der Wähler hat sein Votum gegeben, aber die Parteien missachten dieses Votum. Die SPD will nicht mit der Wählermeinung konform gehen und verweigert eine Beteiligung an der sogenannten Groko. Scheinbar ist Herr Schulz beleidigt, dass er nicht den Kanzlerposten bekommen kann.
Empfindlichkeiten dieser Art sind meines Erachtens aber vollkommen unangebracht. Es liegt auf der Hand, dass sich die kleineren Parteien nunmehr als Königsmacher stark fühlen. Man muss sich fragen, ob das wirklich der Wille der Bundesbürger ist. Ich bin überzeugt davon, dass bei einer Neuwahl viele Wähler sowohl die CDU/ CSU wie auch die SPD abstrafen werden.
Mit Sicherheit werden auch die FDP und die Grünen in der Wählergunst absinken. Freuen wird sich nur die AfD über einen gewaltigen Stimmenzuwachs. Sei es ihr gegönnt. Vielleicht wird dann das verkrustete Gefüge unse- rer Regierung aufgerissen. Geo(g Bleckmann
Man kann nicht so oft wählen, bis das Ergebnis den politischen Parteien gefällt. Das ist ein falsches Verständnis unserer Demokratie. Was wir in Berlin in den letzten acht Wochen beobachten konnten, war Ausdruck narzisstischen Verhaltens einiger Protagonisten der politischen Parteien, die offenkundig selbstgerecht auf die Durchsetzung von Maximalforderungen bestanden. Das hat nicht geklappt, also zieht man sich beleidigt zurück und möchte Neuwahlen.
Ich halte eine Minderheitsregierung für die weitaus demokratischere Alternative. Die Großen Koalitionen der Vergangenheit haben doch gerade dazu geführt, dass sich an den Rändern extreme Parteien gebildet haben. Die sicheren Mehrheitsverhältnisse im Deutschen Bundestag haben ein offenes Ringen um die für unser Land besten Entscheidungen doch oftmals verhindert. Die Unterschiede der Koalitionspartner wurden verwässert. Das Profil ging verloren.
Und was passierte, wenn Neuwahlen keine wesentlichen Veränderungen brächten? Erneute Neuwahlen? Das würde nur die extremen Parteien stärken und die Politikverdrossenheit weiter fördern.
Eine geduldete Minderheitsregierung verlangt von allen demokratischen Parteien im Bundestag eine hohe Disziplin, Verantwortung und Flexibilität. Da für alle Gesetzesvorlagen/Entscheidungen immer wieder (neue) Mehrheiten gefunden werden müssen, wird damit sicher eine bessere Politik realisiert, als bei festen und starken Mehrheiten der Regierungspartei(en).
Eine solcherart sich entwickelnde Politik orientiert sich eher an den Wünschen und Forderungen unserer vielschichtigen Gesellschaft (...).
Thomas Klein