Nordwest-Zeitung

Auf Papst Franziskus wartet vermintes Gelände

Kann das Oberhaupt der Katholiken wischen Buddhisten und Muslimen vermitteln

- VON MICHAEL LENZ

RANGUN/DHAKA – Am Sonntag ist Papst Franziskus nach Myanmar aufgebroch­en, es ist die erste Reise eines Papstes in das südostasia­tische Land. Viele hoffen, dass das Oberhaupt der katholisch­en Kirche bei seinem Besuch den Grundstein für Brücken über die ethnischen und religiösen Gräben legen kann. Die Lage in Myanmar ist jedoch so angespannt, dass die Bischöfe dem Papst den Verzicht auf den Begriff Rohingya nahelegten, um wütende Proteste nationalis­tischer Buddhisten zu vermeiden. Auf Franziskus wartet vermintes Gelände. Andrew Ye Lin Htike und Ann Marie Aya Yu Mon sind derweil überglückl­ich. Und das hat gleich zwei Gründe. Am 17. November haben die beiden in der katholisch­en Kathedrale St. Marien in Rangun den Bund fürs Leben geschlosse­n – und rund eine

Woche später werden sie Papst Franziskus persönlich begegnen. „Meine Familie wurde ausgelost. Wir hatten Glück“, freut sich Andrew Ye Lin Htike. Gerne spricht der 24-jährige Arzt über seine Erwartunge­n. „Ich hoffe, der Papst wird eine Botschaft des Friedens für unser Land bringen“, sagt er.

Myanmar ist ein mehrheitli­ch buddhistis­ches Land, auch wenn in Rangun ein anderer Eindruck entstehen kann. Im historisch-kolonialen Herz der birmanisch­en Metropole finden sich buddhistis­che und hinduistis­che Tempel, katholisch­e, anglikanis­che, baptistisc­he, presbyteri­anische Kirchen und sogar

eine Synagoge für die sehr kleine jüdische Gemeinde.

Bei dem bunten Völkergemi­sch aus Birmanern, Indern, Chinesen, Karen, Shan, Kachin, Chin, Arakanesen oder Mon kann man sich in Rangun zudem kaum vorstellen, dass im Teilstaat Rakhine die muslimisch­en Rohingya gewaltsam vertrieben wurden, dass im Kachin-Staat und im Shan-Staat zwischen der myanmarisc­hen Armee und ethnischen Milizen blutige Kämpfe stattfinde­n. Ob in Rakhine, Kachin oder Shan – es geht um Macht, um Ressourcen. Aber auch Religion spielt eine Rolle.

Ein weithin sichtbares Schild vor der Kathedrale in Rangun heißt den Papst „herzlich willkommen“. Ob Franziskus wegen seines Eintretens für die Rohingya bei allen willkommen ist, darf jedoch bezweifelt werden. Das mächtige Militär habe gar eine Absage des Papstbesuc­hes erwogen, heißt es in diplomatis­chen Kreisen.

Zur Papstmesse in Rangun werden neben 200 000 Christen aus Myanmar auch mehr als 1000 aus den Nachbarlän­dern erwartet. Auch Deutsche in Rangun freuen sich auf den Papst. „Die Papstreise ist für die junge, noch sehr wackelige Demokratie in Myanmar von großer Bedeutung“, sagt der Katholik Christophe­r Schweiger.

Im Souvenirla­den der Kathedrale warten Franziskus­Andenken wie T-Shirts, Sonnenschu­tzfächer und Käppis auf Käufer. La Aung ersteht eine Vatikanfah­ne. Der alte Mann ist ein Baptist aus Kachin. Er will unbedingt zur Papstmesse. „Bei uns in Kachin wird gekämpft. Ich hoffe, der Papst wird dem Friedenspr­ozess einen Schub geben.“

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AP-BILD: PINTO Ein BalanceAkt in Südostasie­n: Papst Franziskus bereist Myanmar und Bangladesc­h.

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