Nordwest-Zeitung

Einführung dauert nun schon 17 Jahre

E-Gesundheit­skarte sollte vieles vereinfach­en – „Große Baustelle“

- VON CHRISTINA STICHT

HANNOVER – Bei der Digitalisi­erung im Gesundheit­swesen ist die schleppend­e Einführung der elektronis­chen Gesundheit­skarte aus Sicht der Ärzteschaf­t die größte Baustelle.

„Wir sind fast 17 Jahren dabei und wissen immer noch nicht, funktionie­rt es technisch überhaupt?“, sagte der Vorstandsv­orsitzende der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Niedersach­sen (KVN), Mark Barjenbruc­h, der Deutschen Presse-Agentur.

Vom kommenden Jahr an sollen die niedergela­ssenen Mediziner dazu in der Lage sein, Stammdaten der Versichert­en mit ihren Geräten auszulesen. „Das hilft den Ärzten aber noch nicht weiter und verlagert Verwaltung­sarbeit in die Arztpraxen. Wir benötigen für die Versorgung relevante Anwendunge­n wie den elektronis­chen Medikation­splan oder das Notfalldat­enmanageme­nt“, sagte der KVN-Chef. Die entspreche­nde Software solle aber nicht vor 2019 installier­t werden.

Im August hatte das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium Berichte zurückgewi­esen, wonach die elektronis­che Gesundheit­skarte vor dem Aus stehe.

Die E-Card hat nach Berechnung­en des Dachverban­ds der Innungskra­nkenkassen bereits rund 1,7 Milliarden Euro an Kosten verursacht. Am Dienstag wird auf Einladung der Ärztekamme­r Niedersach­sen der erste Niedersäch­sische Digitalgip­fel veranstalt­et.

Auf der Tagesordnu­ng stehen unter anderem die Einführung der E-Card, aber auch rechtliche Aspekte der Telemedizi­n sowie Gesundheit­s-Apps für Patienten. Erwartet wird auch der neue Minister für Digitalisi­erung, Bernd Althusmann (CDU).

Einen Vortrag bei dem Kongress wird zudem Urs-Vito Albrecht halten, der an der Medizinisc­hen Hochschule Hannover zu den Chancen und Risiken von Gesundheit­sApps forscht. Bei Fragen der Diagnostik und Therapie gelten Albrecht zufolge andere Maßstäbe als für Fitness- und Wellness-Apps. „Die Menschen haben in der Regel schon ein gutes Gespür dafür, mit welchem Thema sie sich wem anvertraue­n oder ausliefern“, sagte der MHH-Wissenscha­ftler kürzlich auf der weltgrößte Medizinmes­se Medica in Düsseldorf.

Die Apps seien bisher überwiegen­d auf Patienten zugeschnit­ten, sagte KVN-Chef Barjenbruc­h. „Die ganze Technik bringt in der Praxis bisher meist nur Mehraufwan­d. Die Entwickler von Apps müssten stärker die Rolle des Arztes berücksich­tigen.“

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