Trainer Bosz darf vorerst weitermachen
Gedrückte Stimmung bei Mitgliederversammlung
DORTMUND – Dem Derby-Desaster folgte der Spießrutenlauf. Unter Pfiffen und Buhrufen schlichen der schwer angezählte Trainer Peter Bosz und die Profis von Borussia Dortmund am Sonntag in die Mitgliederversammlung – mit gesenkten Köpfen, im Gesicht noch das Entsetzen über ein phänomenales Spiel, das unvergessen bleiben wird. Doch trotz des historischen Zusammenbruchs beim 4:4 nach 4:0Führung gegen Schalke 04: Bosz erhält eine letzte Gnadenfrist.
„Ich fühle mich genauso besch... wie ihr alle“, rief BVBGeschäftsführer Hans-Joachim Watzke den gut 1200 Mitgliedern in der Westfalenhalle zwischen Pils und Erbsensuppe kämpferisch zu. „So etwas habe ich noch nie erlebt! Das Problem ist aber, dass es keine Patentlösung gibt.“Und keine schnelle Alternative. Bosz bleibt. Vorerst
– und mit dem überdeutlichen Auftrag, „ohne Denkverbote jeden Stein umzudrehen“.
Nach dem sagenhaften Derby-Schlussakkord waren die Emotionen schon am Samstag übergekocht. Schalke-Torhüter Ralf Fährmann und BVB-Urgestein Nuri Sahin lösten mit einem giftigen Gerangel eine Massenschubserei aus, wütende Fans wollten
von der Südtribüne den Innenraum stürmen. 100 Meter entfernt stießen übereifrige Ordner die Schalker Helden von ihren ekstatischen Anhängern weg. Einig waren sich alle nur in einem: Solch ein Derby hatte es in 92 Jahren noch nie gegeben.
Auch Bosz war fassungslos. „Wenn man nicht dabei war, kann man es nicht glauben! Das darf niemals passieren“, sagte der Niederländer, der zumindest am Samstag in der Partie bei Bayer Leverkusen noch auf der Bank sitzen wird. Schockiert hatte er nach einer grandiosen ersten Halbzeit ansehen müssen, wie seine Mannschaft kollabierte.
„Du führst 4:0 und hast sie komplett zerlegt“, klagte Sahin, „wir können noch eine Stunde reden - ich habe keine Erklärung.“Die hatte auch Bosz nicht. „Man fühlt im Körper nur Enttäuschung“, sagte er, „das ist ein sehr schlechtes Ergebnis.“
Vereinsboss Watzke stellte derweil in Anspielung auf die guten Geschäftszahlen des Revierclubs mit einem Umsatz von 405,7 Millionen Euro und einem Gewinn von 8,2 Millionen Euro Verstärkungen für den Kader in Aussicht: „Wir sind wirtschaftlich die ganz klare Nummer zwei in Deutschland. Wenn die Analysen ergeben, dass wir im Winter etwas machen müssen, haben wir die Möglichkeiten dazu.“