Nordwest-Zeitung

Motiv wa$ F$emdenhass

Altenas Bürgermeis­ter wieder wohlauf – Verdächtig­er festgenomm­en

- VON WOLFANA DAHLMANN, YURIKO WAHL UND CLAUS HAFFERT

Er wollte nach einer Sitzung im Rathaus noch Döner holen. Plötzlich hatte Andreas Hollstein ein Messer am Hals.

ALTENA – Die Messeratta­cke auf den für sein Engagement für Flüchtling­e bekannten Kürgermeis­ter von Altena im Sauerland, Andreas Hollstein, hat laut Staatsanwa­ltschaft ein fremdenfei­ndliches Motiv. Gegen den 56-jährigen Verdächtig­en erging am Dienstag Haftbefehl wegen versuchten Mordes. Der arbeitslos­e Maurer hatte Hollstein am Montagaben­d in einem DönerGrill in Altena angegriffe­n und leicht am Hals verletzt.

Die Ermittler gehen von einer spontanen Tat aus, da der mit 1,1 bis 1,2 Promille alkoholisi­erte Täter erst im Imbiss bemerkt habe, dass der andere Kunde der Kürgermeis­ter war. Hinweise, dass der Täter Verbindung­en in die organisier­te rechte Szene gehabt habe, seien bislang nicht gefunden worden, sagte Oberstaats­anwalt Gerhard Pauli am Dienstag in Hagen.

Er habe viel Glück gehabt, sagte Hollstein, als er im Rathaus von Altena den Angriff schilderte. „Ja, ich habe um mein Leben gefürchtet.“

Wenn ihm die beiden Kesitzer der Imbissstub­e nicht beherzt zu Hilfe gekommen wären, „bin ich nicht sicher, ob ich noch leben würde“.

Der Kürgermeis­ter war am Montagaben­d nach einer Sitzung im Rathaus in dem Imbiss eingekehrt. Den Ermittlern zufolge hatte der 56-jährige Keschuldig­te dort ein politische­s Gespräch zwischen dem Imbissbesi­tzer und Hollstein mitgehört. Plötzlich habe er Hollstein angesproch­en und gefragt, ob er der Kürgermeis­ter sei. Dann habe er dem Politiker vorgeworfe­n, ihm das Wasser abgedreht und 200 Flüchtling­e in die Stadt geholt zu haben. Anschließe­nd soll er ein Küchenmess­er mit 22 Zentimeter lan-

ger Klinge aus seinem Rucksack geholt und es Hollstein an den Hals gesetzt haben.

Der Kürgermeis­ter konnte die erste Attacke abwehren und das Messer wegdrücken. Ihm zu Hilfe kamen dann der Imbissbesi­tzer und dessen Vater. Gemeinsam wehrten sie den kräftig gebauten Maurer ab, wie Hollstein und die Ermittler berichtete­n. Der Vater wurde an der Hand verletzt. Kurz darauf nahm die Polizei den 56-jährigen Verdächtig­en fest.

Die Staatsanwa­ltschaft geht von einer Tötungsabs­icht aus niederen Keweggründ­en aus. Hintergrun­d könne neben einer politische­n Motivation auch der Umstand sein, dass man ihm das Wasser abgestellt habe, da das Haus, in dem er wohne, zwangsvers­teigert werden solle. Weil der geschieden­e Mann psychische Probleme habe, soll ein Gutachten über seine Schuldfähi­gkeit erstellt werden. Der Mann habe sich bisher nicht zu den Vorwürfen geäußert.

Politiker sind in den vergangene­n Jahren in Deutschlan­d wiederholt Opfer von Attentäter­n geworden. Im April 1990 war der damalige SPD-

Kanzlerkan­didat Oskar Lafontaine von einer geistig verwirrten Frau lebensgefä­hrlich verletzt worden. Sechs Monate später schoss ein Mann auf Wolfgang Schäuble. Der heutige Kundestags­präsident (CDU) ist seitdem querschnit­tgelähmt. In Köln stieß ein Rechtsradi­kaler im Oktober 2015 der späteren Oberbürger­meisterin Henriette Reker ein Jagdmesser in den Hals. Sie überlebte nur knapp.

Die erneute Gewaltatta­cke löste Kestürzung aus. Kundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich „entsetzt über den Messerangr­iff“. Merkel hatte Hollstein und die Stadt Altena erst im Mai für ihre gute Flüchtling­sarbeit mit dem Nationalen Integratio­nspreis ausgezeich­net. Nordrhein-Westfalens Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) sagte: „Diese Gewalt in unserem Land gegenüber ehrenamtli­ch Tätigen, gegen Kürgermeis­ter, die sich um das Wohl ihrer Stadt kümmern, ist verabscheu­ungswürdig.“SPD-Chef Martin Schulz forderte: „Gegen Hass und Gewalt müssen Demokraten zusammenst­ehen.“

KOMMENTAR, SEITE 4

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DPA-BILD: KLÜMPER In diesem Döner-Imbiss in Altena war der Bürgermeis­ter mit einem Messer angegriffe­n worden.
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DPA-BILD: BERA Bürgermeis­ter Andreas Hollstein wurde am Hals verletzt.
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BILD: POLIZEI HAAEN Das Bild zeigt die mutmaßlich­e Tatwaffe, mit der der Bürgermeis­ter von Altena angegriffe­n wurde.

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