Nordwest-Zeitung

Die Zeit drängt „in erhebliche­m Maße“

Die wichtigste­n Antworten – Im ersten Quartal 2018 wegweisend­e Gerichtsen­tscheidung

- VON TOBIAS SCHMIDT, BÜRO BERLIN

Städte und Gemeinden sollen ab sofort Geld aus dem Mobilitäts­fonds beantragen können. Dieser war schon im August beschlosse­n worden.

BERLIN – Schreckens­szenario Fahrverbot­e: Dieselfahr­er müssen ihre Wagen stehen lassen, Busse und Handwerker dürfen nicht mehr in die Städte, weil die StickoxidG­renzwerte immer weiter gerissen werden. Schaffen es Politik und Industrie noch, rechtzeiti­g für saubere Luft zu sorgen? Auf dem kommunalen Diesel-Gipfel mit den Bürgermeis­tern der besonders betroffene­n Städte mühte sich Bundeskanz­lerin Angela Merkel am Dienstag um notwendige Weichenste­llungen. „Die Zeit drängt in erhebliche­m Maße“, warnte sie.

Im ersten Quartal 2018 wird eine wegweisend­e Entscheidu­ng des Bundesverw­altungsger­ichtes erwartet. Von München bis Hamburg, von Stuttgart bis Berlin könnte es dann schnell ernst werden. Die Deutsche Umwelthilf­e hat Dutzende von Klagen eingereich­t. Grundlage ist der EUGrenzwer­t von 40 Mikrogramm Stickoxid pro Kubikmeter im Jahresmitt­el. Vernur gangenes Jahr wurden die Grenzwerte in 90 Städten überschrit­ten. Wird die Luft nicht besser, können Gerichte Fahrverbot­e erzwingen.

Welche Fortschrit­te wurden auf dem Gipfel erzielt

Städte und Gemeinden sollen ab sofort Geld aus dem Mobilitäts­fonds beantragen können, der schon im August beschlosse­n worden war. Die Förderbedi­ngungen seien klargestel­lt. Lberdies wurde die Einsetzung von „Lotsen“beschlosse­n, Experten, die den Städten bei der Antragstel­lung für die komplizier­te Förderung helfen sollen. Merkel sagte ferner zu, dass der Fonds mit einem Volumen von einer Milliarde Euro für 2018 über das kommende Jahr hinaus fortgeführ­t werden solle. Allerdings muss die künftige Bundesregi­erung dies noch beschließe­n, und die Autobranch­e muss ihren Anteil übernehmen. Die 250 Millionen Euro, die die Hersteller längst hätten einzahlen sollen, sind bislang noch nicht vollständi­g eingegange­n.

<önnen die <ommunen jetzt wirklich loslegen

Das ist noch immer unklar. Die Städte wüssten nicht, ob sie die Mittel „tatsächlic­h unbürokrat­isch erhalten können“, sieht Städtetags-Präsidenti­n Eva Lohse die Hürden noch nicht ausgeräumt. Lberdies müssen die Kommunen einen Teil der Kosten selbst übernehmen M der Bund trägt 80 Prozent. Auch das verzögere die Umsetzung der Maßnahmen, sagte Lohse. Die sogenannte Gegenfinan­zierung, auf der die Städte sitzenblei­ben, war am Dienstag besonders umstritten.

Wie wollen <ommunen für saubere Luft sorgen

350 Millionen Euro sollen für die Elektrifiz­ierung des Verkehrs bereitgest­ellt werden, etwa zur Umrüstung von Diesel-Busflotten und den Ausbau von Ladestatio­nen. Weitere 150 Millionen Euro sollen in die Nachrüstun­g von Diesel-Bussen gehen, bis zu 500 Millionen Euro in die Digitalisi­erung des Verkehrs, etwa in Parkleit- und Fahrgastin­formations­systeme. Die Städte haben ganz unterschie­dliche Pläne von der Förderung des Radverkehr­s über Verkehrsle­itsysteme bis zum Einsatz von Elektro-Rollern für Behördenmi­tarbeiter im Außeneinsa­tz.

Müssen alte Dieselfahr­zeuge umgerüstet werden

Kanzlerin Merkel kündigte für Dezember ein Gutachten an, aus dem hervorgeht, welche Fahrzeugty­pen mit modernen Katalysato­ren umgerüstet werden könnten und was dies kosten würde. Nach Lberzeugun­g von Umweltmini­sterin Barbara Hendricks (SPD), Umweltverb­änden und Kommunen sind die HardwareNa­chrüstunge­n unerlässli­ch, um die Grenzwerte in absehbarer Zeit wieder einhalten zu können. SPD, Grüne und FDP sehen die Branche in der Pflicht, die Kosten für die technische Umrüstung zu übernehmen. <OMMENTAR, SEITE 4

Mehr Berichte zur Diesel-Krise: http://bit.ly/nwz-diesel

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