Der Alleingang des Agrarministers
Schmidts @oulspiel, Merkels Rüge und der Zorn der Genossen
Die Gl?phosat-Entscheidung vergiftet die Groko-Gespräche. Die Kanzlerin ü=t sich in dem Versuch der Schadens=egrenzung.
BERLIN – Rüge ja, Entlassung nein – Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kanzelt am Tag danach ihren Landwirtschaftsminister ab, denkt aber nicht an personelle Konsequenzen. Eindeutig habe CSU-Mann Christian Schmidt mit seinem Ja zur Weiternutzung von Glyphosat in Brüssel gegen die Geschäftsordnung der Bundesregierung verstoßen. „Das entsprach nicht der Weisungslage, die von der Bundesregierung ausgearbeitet war“, stellt sie unmissverständlich klar. Sie erwarte, dass ein solches Verhalten nicht noch einmal vorkommen werde. Dennoch machte die Kanzlerin deutlich, dass sie in der Sache eher die Position Schmidts teile.
Schmidts Glyphosat-Vorstoß – eine politische Dummheit oder eine gezielte Provokation? Die SPD hatte eine Verlängerung der GlyphosatZulassung strikt abgelehnt. Nach der Geschäftsordnung der Bundesregierung hätte sich Schmidt daher bei der Entscheidung in Brüssel enthalten müssen. Das deutsche Votum hatte am Montag jedoch den Ausschlag gegeben. Nun wird das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel in der EU für weitere fünf Jahre erlaubt.
Ein Rüffel für den Minister. Dabei bleibt es aber zunächst auch. Mögen Sozialdemokraten auch einen „Vertrauensbruch“beklagen und die Opposition den Rauswurf des Ministers fordern – so weit will die Kanzlerin nicht gehen. Schließlich wäre dies ein Affront gegenüber der Schwesterpartei CSU, noch dazu in der aktuell schwierigen Lage.
Wusste die CDU-Chefin von der Entscheidung des CSU-Ministers und seinem Ja zur Weiterverwendung von Glyphosat, die jetzt zu einem kleinen Beben in der geschäftsführenden Bundesregierung geführt hat und mögliche Koalitionsgespräche belasten könnte?
Schmidt und Merkel bestreiten das. „Ich habe eine Entscheidung für mich getroffen und in meiner Ressortverantwortung“, erklärte der CSU-Agrarminister sein eigenmächtiges Votum entgegen der Absprache mit SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks. „Das sind Dinge, die man auf die Kappe nehmen muss. Dazu ist man da“, verteidigte er sich. Nach Angaben aus bayerischen Regierungskreisen war allerdings CSU-Chef Horst Seehofer vorab über Schmidts geplantes Ja informiert.
Hendricks sprach von einem „Affront“und fordert „vertrauensbildende Maßnahmen“. Der Streit um die Zukunft des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels droht das Klima in der schwarzroten Übergangsregierung zu vergiften. Schon spricht die SPD von einer „Hypothek“für das Gespräch der Parteichefs von Union und SPD am Donnerstag bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue.