Nordwest-Zeitung

Der Alleingang des Agrarminis­ters

Schmidts @oulspiel, Merkels Rüge und der Zorn der Genossen

- VON ANDREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN

Die Gl?phosat-Entscheidu­ng vergiftet die Groko-Gespräche. Die Kanzlerin ü=t sich in dem Versuch der Schadens=egrenzung.

BERLIN – Rüge ja, Entlassung nein – Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) kanzelt am Tag danach ihren Landwirtsc­haftsminis­ter ab, denkt aber nicht an personelle Konsequenz­en. Eindeutig habe CSU-Mann Christian Schmidt mit seinem Ja zur Weiternutz­ung von Glyphosat in Brüssel gegen die Geschäftso­rdnung der Bundesregi­erung verstoßen. „Das entsprach nicht der Weisungsla­ge, die von der Bundesregi­erung ausgearbei­tet war“, stellt sie unmissvers­tändlich klar. Sie erwarte, dass ein solches Verhalten nicht noch einmal vorkommen werde. Dennoch machte die Kanzlerin deutlich, dass sie in der Sache eher die Position Schmidts teile.

Schmidts Glyphosat-Vorstoß – eine politische Dummheit oder eine gezielte Provokatio­n? Die SPD hatte eine Verlängeru­ng der GlyphosatZ­ulassung strikt abgelehnt. Nach der Geschäftso­rdnung der Bundesregi­erung hätte sich Schmidt daher bei der Entscheidu­ng in Brüssel enthalten müssen. Das deutsche Votum hatte am Montag jedoch den Ausschlag gegeben. Nun wird das umstritten­e Unkrautver­nichtungsm­ittel in der EU für weitere fünf Jahre erlaubt.

Ein Rüffel für den Minister. Dabei bleibt es aber zunächst auch. Mögen Sozialdemo­kraten auch einen „Vertrauens­bruch“beklagen und die Opposition den Rauswurf des Ministers fordern – so weit will die Kanzlerin nicht gehen. Schließlic­h wäre dies ein Affront gegenüber der Schwesterp­artei CSU, noch dazu in der aktuell schwierige­n Lage.

Wusste die CDU-Chefin von der Entscheidu­ng des CSU-Ministers und seinem Ja zur Weiterverw­endung von Glyphosat, die jetzt zu einem kleinen Beben in der geschäftsf­ührenden Bundesregi­erung geführt hat und mögliche Koalitions­gespräche belasten könnte?

Schmidt und Merkel bestreiten das. „Ich habe eine Entscheidu­ng für mich getroffen und in meiner Ressortver­antwortung“, erklärte der CSU-Agrarminis­ter sein eigenmächt­iges Votum entgegen der Absprache mit SPD-Umweltmini­sterin Barbara Hendricks. „Das sind Dinge, die man auf die Kappe nehmen muss. Dazu ist man da“, verteidigt­e er sich. Nach Angaben aus bayerische­n Regierungs­kreisen war allerdings CSU-Chef Horst Seehofer vorab über Schmidts geplantes Ja informiert.

Hendricks sprach von einem „Affront“und fordert „vertrauens­bildende Maßnahmen“. Der Streit um die Zukunft des umstritten­en Unkrautver­nichtungsm­ittels droht das Klima in der schwarzrot­en Übergangsr­egierung zu vergiften. Schon spricht die SPD von einer „Hypothek“für das Gespräch der Parteichef­s von Union und SPD am Donnerstag bei Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue.

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DPA-BILD: GAMBARINI Spielt den Rebell: Bundesagra­rminister Christian Schmidt (CSU) verteidigt seine Glyphosat-Zusage.

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