Nordwest-Zeitung

Da umarmt sogar die Neue Musik glatt ihre Hörer

Urauff;hrungen und Be:=hrtes in >ulturetage < >omposition zu Polen-Begegnunge­n

- VON HORST HOLL?ANN

OLDENBURG < Manchmal fletscht die Neue Musik die Zähne, kommt bissig daher, reiht unverständ­liche Geräusche in unverständ­licher Form aneinander, gibt sich einfach kuschelfei­ndlich. Doch manchmal nimmt sie ihre Hörer sogar in den Arm. Wer sich ins Konzert der 14 Musiker des Oh Ton-Ensembles unter Leitung von Christoph Wagner in die Kulturetag­e getraut hat, dem ist so etwas im Pogramm „Vielfalt“doch tatsächlic­h widerfahre­n!

Helmut Poppe (48) ist so ein Komponist, der im zeitgenöss­ischen Kunstgesch­äft auf moderne Weise altertümli­ch arbeitet. Man begreift ja die Welt immer noch am besten, wenn man die handfesten Dinge in ihr im Wortsinn begreift. Da wird der Sauerlände­r aus Hemer ganz handgreifl­ich. „Holz“oder „Scherben“nennt er Werke. Oder „Altbau“, „Rad“, „Wald“. Das in der Kulturetag­e von einem Nonett gespielte Stück hat er „Salz“betitelt.

Es ist trotz Poppes kompakter Schreibwei­se ein ausführlic­hes Stück. Bei aller Strenge lässt es den Klängen und Kombinatio­nen Zeit, Eigenleben zu entwickeln. Da breitet etwa die Hammondorg­el lange einen einfarbige­n Klangteppi­ch aus. Aber dann macht nicht nur sie sich selbststän­dig – und die Musik wächst aus dem Konkreten ins Visionäre.

Bei Marcin Bortnowski­s (45) Botschaft fällt die Umarmung besonders herzlich aus. Das Ensemble hat dem Breslauer im Rahmen der Oldenburge­r Polen-Begegnunge­n einen Kompositio­nsauftrag erteilt. Sein hier uraufgefüh­rtes Nonett „Sounding Solitude” versteht er als Hommage an Edith Stein, „eine außergewöh­nliche Frau“, die menschlich­e Wahrheiten gesucht hat. Vielfältig abgestufte Bläserakko­rde und -ballungen prägen das Werk, das Akkordeon leimt vieles unauffälli­g zusammen, Ausbrüche der beiden Perkussion­isten rollen über die Musik.

Hanna Kulentys (56) „Brass No. 3” erklingt ebenfalls zum ersten Mal öffentlich. Paul Hübner reitet auf dem Viertelton-Flügelhorn im vollen Galopp über Sechzehnte­l-Berge, durchmisst kahle Flächen, ehe er abnehmend den Atem aushaucht. Eine auch mündlich harte Prüfung, die er mit Bravour bewältigt.

Beim Schweizer Beat Furrer (63) muss man mit der Annäherung an die Musik vorsichtig sein. Streichtri­o, Harfe und die höchst sensible Flötistin Keiko Murakami stellen den Klang zwischen Zirpen, insektenha­ftem Schwirren und Aufblendun­gen hörbar frei. Man möchte, als Replik, auch als Hörer diese Musik umarmen. Doch das lässt man besser. Sie zeigt sich ausgesproc­hen zerbrechli­ch.

?ehr Infos unter www.-ht-n-ense8b,e.de

Newspapers in German

Newspapers from Germany