Für ihn geht’s endlich aufwärts
Röder bekommt seinen Traumjob und steht vor seiner größten Herausforderung
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer gibt seine Macht ab – an seinen Rivalen. Und er will sich sogar vor der offiziellen Amtsübergabe eng mit ihm abstimmen.
MÜNCHEN – Em Moment seines größten politischen Triumphes blickt Markus Söder betont ernst in die Fernsehkameras. Er spricht von Mut und Demut. Von Dankbarkeit. Und er verspricht Einsatz, Fleiß, neues Miteinander, ein Aufeinanderzugehen. Von Jubel keine Spur. „Einerseits freue ich mich natürlich über den Zuspruch und das Vertrauen“, ist das Maximale, was ihm an Gefühlsregungen zu entlocken ist. Andererseits aber wisse er um die Herausforderung. „Ich spüre natürlich auch und weiß, dass das jetzt eine große Aufgabe ist.“
Und doch ist der 50-Jährige jetzt am Ziel. Nach vielen Irrungen und Wirrungen, nach einem erbitterten internen Machtkampf, nach einem fast beispiellosen Gezerre steht fest: Der derzeitige Finanzminister wird im Frühjahr zum nächsten bayerischen Ministerpräsidenten gewählt werden. Horst Seehofer räumt für Söder seinen Posten, sogar vorzeitig, will aber Parteivorsitzender bleiben. Eine Doppelspitze Seehofer-Söder also.
„Time Is On My Side“, die Zeit läuft für mich – den Song von den Rolling Stones hatte Söder in jüngerer Vergangenheit schmunzelnd zu einem seiner Lieblingstitel erklärt. Er setzte darauf, dass es am Ende auf ihn hinauslaufen würde. Und tatsächlich lief es seit dem CSU-Fiasko bei der Bundestagswahl klar auf Söder zu.
Schnell wurde deutlich, dass sich Seehofer niemals in beiden Ämtern würde halten können. Reihenweise forderten Bezirksvorstände, Landtagsabgeordnete und am Ende auch die Junge Union seinen Rücktritt als Regierungschef. Vor allem in der Landtagsfraktion sammelten sich die Truppen gegen Seehofer – und für Söder. „Viele wollen einen Putsch – aber ohne Putsch“, orakelte ein CSUMann schon vor Wochen. So ist es ja nun irgendwie auch gekommen.
Am Ende blieb Seehofer nach allgemeiner Einschätzung keine Wahl mehr: Er
musste das Ministerpräsidentenamt räumen. Aber für wen? Wirklich für Söder? Wo die beiden einzigen CSU-Alphatiere doch seit Jahren aneinandergekettet, aber doch in inniger Feindschaft verbunden sind?
Unvergessen sind die Vorwürfe Seehofers, Söder leiste sich zu viele zu „Schmutzeleien“, zeige „charakterliche Schwächen“und einen „pathologischen Ehrgeiz“. Wiederholt mussten sich beide zu „Friedensgipfeln“treffen, um die Wogen zu glätten – die Halbwertzeit: überschaubar.
Tatsächlich gab es in den vergangenen zehn Tagen, seit Seehofer die Bekanntgabe seiner Zukunftspläne noch einmal verschoben hatte, viele Versuche des Anti-Söder-Lagers, diesen auf den letzten Metern zu verhindern. Innenminister Joachim Herrmann wurde gebeten, gegen Söder anzutreten. Tatsächlich teilt Herrmann erst am Montag mit, dass er verzichtet. Zu groß war der Rückhalt in der Fraktion für Söder.
Das hat auch Seehofer am Ende erkannt. Eine „befriedende“Lösung gegen den
Willen der Fraktion sei nicht möglich, argumentierte er intern. Und so macht er, weil es schlicht nicht mehr anders geht, den Weg für seinen Rivalen frei. Er selbst bleibt dafür Parteichef. Und könnte womöglich als Minister nach Berlin wechseln.
Aber Seehofer und Söder als Doppelspitze, wie soll das gehen? Wer ist dann der eigentliche Chef? Söder überlegt und sagt dann nur: Es sei so, „dass der Parteivorsitzende der Vorsitzende der Partei ist – und ein Ministerpräsident ist Ministerpräsident“.
Doch auch wenn Söder im Frühjahr zum Ministerpräsidenten gewählt wird: Die eigentlichen Herausforderungen für ihn kommen dann erst noch. Allen voran die Landtagswahl, bei der der CSU der Verlust der absoluten Mehrheit droht. Klar ist: Schlechter als das Bundestagswahlergebnis von 38,8 Prozent sollte es keinesfalls ausfallen, will Söder nicht in Erklärungsnot geraten. Doch sogar Seehofer baut vor. Man stehe ja im Moment nicht vor der absoluten Mehrheit. „Wir stehen in einem historischen Tief.“