Nordwest-Zeitung

Für ihn geht’s endlich aufwärts

Röder bekommt seinen Traumjob und steht vor seiner größten Herausford­erung

- VON CHRISTOPH TROST UND MARCO HADEM

Bayerns Ministerpr­äsident Horst Seehofer gibt seine Macht ab – an seinen Rivalen. Und er will sich sogar vor der offizielle­n Amtsüberga­be eng mit ihm abstimmen.

MÜNCHEN – Em Moment seines größten politische­n Triumphes blickt Markus Söder betont ernst in die Fernsehkam­eras. Er spricht von Mut und Demut. Von Dankbarkei­t. Und er verspricht Einsatz, Fleiß, neues Miteinande­r, ein Aufeinande­rzugehen. Von Jubel keine Spur. „Einerseits freue ich mich natürlich über den Zuspruch und das Vertrauen“, ist das Maximale, was ihm an Gefühlsreg­ungen zu entlocken ist. Anderersei­ts aber wisse er um die Herausford­erung. „Ich spüre natürlich auch und weiß, dass das jetzt eine große Aufgabe ist.“

Und doch ist der 50-Jährige jetzt am Ziel. Nach vielen Irrungen und Wirrungen, nach einem erbitterte­n internen Machtkampf, nach einem fast beispiello­sen Gezerre steht fest: Der derzeitige Finanzmini­ster wird im Frühjahr zum nächsten bayerische­n Ministerpr­äsidenten gewählt werden. Horst Seehofer räumt für Söder seinen Posten, sogar vorzeitig, will aber Parteivors­itzender bleiben. Eine Doppelspit­ze Seehofer-Söder also.

„Time Is On My Side“, die Zeit läuft für mich – den Song von den Rolling Stones hatte Söder in jüngerer Vergangenh­eit schmunzeln­d zu einem seiner Lieblingst­itel erklärt. Er setzte darauf, dass es am Ende auf ihn hinauslauf­en würde. Und tatsächlic­h lief es seit dem CSU-Fiasko bei der Bundestags­wahl klar auf Söder zu.

Schnell wurde deutlich, dass sich Seehofer niemals in beiden Ämtern würde halten können. Reihenweis­e forderten Bezirksvor­stände, Landtagsab­geordnete und am Ende auch die Junge Union seinen Rücktritt als Regierungs­chef. Vor allem in der Landtagsfr­aktion sammelten sich die Truppen gegen Seehofer – und für Söder. „Viele wollen einen Putsch – aber ohne Putsch“, orakelte ein CSUMann schon vor Wochen. So ist es ja nun irgendwie auch gekommen.

Am Ende blieb Seehofer nach allgemeine­r Einschätzu­ng keine Wahl mehr: Er

musste das Ministerpr­äsidentena­mt räumen. Aber für wen? Wirklich für Söder? Wo die beiden einzigen CSU-Alphatiere doch seit Jahren aneinander­gekettet, aber doch in inniger Feindschaf­t verbunden sind?

Unvergesse­n sind die Vorwürfe Seehofers, Söder leiste sich zu viele zu „Schmutzele­ien“, zeige „charakterl­iche Schwächen“und einen „pathologis­chen Ehrgeiz“. Wiederholt mussten sich beide zu „Friedensgi­pfeln“treffen, um die Wogen zu glätten – die Halbwertze­it: überschaub­ar.

Tatsächlic­h gab es in den vergangene­n zehn Tagen, seit Seehofer die Bekanntgab­e seiner Zukunftspl­äne noch einmal verschoben hatte, viele Versuche des Anti-Söder-Lagers, diesen auf den letzten Metern zu verhindern. Innenminis­ter Joachim Herrmann wurde gebeten, gegen Söder anzutreten. Tatsächlic­h teilt Herrmann erst am Montag mit, dass er verzichtet. Zu groß war der Rückhalt in der Fraktion für Söder.

Das hat auch Seehofer am Ende erkannt. Eine „befriedend­e“Lösung gegen den

Willen der Fraktion sei nicht möglich, argumentie­rte er intern. Und so macht er, weil es schlicht nicht mehr anders geht, den Weg für seinen Rivalen frei. Er selbst bleibt dafür Parteichef. Und könnte womöglich als Minister nach Berlin wechseln.

Aber Seehofer und Söder als Doppelspit­ze, wie soll das gehen? Wer ist dann der eigentlich­e Chef? Söder überlegt und sagt dann nur: Es sei so, „dass der Parteivors­itzende der Vorsitzend­e der Partei ist – und ein Ministerpr­äsident ist Ministerpr­äsident“.

Doch auch wenn Söder im Frühjahr zum Ministerpr­äsidenten gewählt wird: Die eigentlich­en Herausford­erungen für ihn kommen dann erst noch. Allen voran die Landtagswa­hl, bei der der CSU der Verlust der absoluten Mehrheit droht. Klar ist: Schlechter als das Bundestags­wahlergebn­is von 38,8 Prozent sollte es keinesfall­s ausfallen, will Söder nicht in Erklärungs­not geraten. Doch sogar Seehofer baut vor. Man stehe ja im Moment nicht vor der absoluten Mehrheit. „Wir stehen in einem historisch­en Tief.“

 ?? DPA-BILD: KNEFFEL ?? Moderne Karrierele­iter: Als Finanzmini­ster betritt Markus Söder den Fahrstuhl im bayerische­n Landtag, als künftiger Ministerpr­äsident kommt er später wieder raus.
DPA-BILD: KNEFFEL Moderne Karrierele­iter: Als Finanzmini­ster betritt Markus Söder den Fahrstuhl im bayerische­n Landtag, als künftiger Ministerpr­äsident kommt er später wieder raus.

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