BACH UND IOC MÜSSEN ENTSCHEIDEN
?omitee gibt am heutigen Dienstag Entscheidung bekannt
Möglich ist, dass das Land wegen der DopingVerwicklung komplett ausgeschlossen wird. Dann drohen mehrere Gerichtsverfahren.
LAUSANNE – Komplettausschluss oder mildes Urteil – es geht ein Riss durch die olympische Familie. Die Frage, was im russischen Dopingskandal die angemessene Strafe ist, entzweit Sportler, Trainer und Funktionäre. Was immer also das Internationale Olympische Komitee IOC unter Leitung seines deutschen Präsidenten Thomas Bach an diesem Dienstag in Lausanne entscheidet, rund zwei Monate vor Beginn der Winterspiele in Südkorea wird es eher mehr Zerwürfnisse geben.
Denn die bisher diskutierten Szenarien lassen Kettenreaktionen erwarten, die den Spielen vom 9. bis 25. Februar in Pyeongchang so oder so schaden. Für die einen ist der Komplettausschluss der russischen Mannschaft die einzige Antwort auf jahrelanges, systematisches und staatlich gedecktes Doping. Dies ist ein Vorwurf, den die Führung in Moskau hartnäckig zurückweist.
Für die anderen ist die Kollektivstrafe unfair gegenüber sauberen russischen Athleten und dürfte den sportlichen Wert der Wettkämpfe von Pyeongchang schmälern.
Russland ist, wie viel Doping auch immer in den Erfolgen stecken mag, eine Wintersport-Großmacht.
Das russische Problem beschäftigt IOC-Präsident Bach wie ansonsten nur Berichte über gekaufte Spiele und korrupte Funktionäre in den eigenen Reihen. Das IOC konnte bislang seine Glaubwürdigkeitskrise weder eindämmen und schon gar nicht lösen. Seit im Juli 2016, drei Wochen vor den Sommerspielen in Rio de Janeiro, der erste McLaren-Report öffentlich wurde, hat sich das Problem eher verschärft.
Der kanadische Rechtsprofessor Richard McLaren trug
im Auftrag der Welt-Anti-Doping-Agentur bis Ende 2016 in einem zweiten Bericht noch mehr Material zusammen, das ungeheuerliche Machenschaften im russischen Sport illustriert: Mehr als 1000 Athleten sollen zwischen 2011 und 2015 von einem staatlich orchestrierten Dopingsystem profitiert haben. Besonders ausgeklügelt soll der Betrug rund um die Winterspiele im russischen Sotschi 2014 funktioniert haben. Kronzeuge dafür ist vor allem Grigori Rodschenkow, ehemals Leiter des Moskauer Anti-Dopinglabors, der von ausgetauschten Urinproben und Gespräche über diese Praktiken in höchsten
politischen Kreisen zu berichten weiß: Ein glaubwürdiger Zeuge, wie das IOC befand. Rodschenkow lebt heute, bewacht vom FBI, an einem unbekannten Ort in den USA. Russland fordert seine Auslieferung.
Wie auch immer Bach und die IOC-Exekutive entscheiden, am Ende wird wohl wieder der Internationale Sportgerichtshof CAS die Klagen russischer Sportler gegen ihren Ausschluss entscheiden müssen. Wie schon die Spiele von Rio würden auch die von Pyeongchang durch schwer durchschaubare juristische Auseinandersetzungen belastet werden.