Nordwest-Zeitung

KLEINEN KOMMUNEN STINKT ES

Brisante Liste zur Schadstoff­belastung der Luft setzt Kommunen unter Druck

- VON THOMAS HASELIER

Das Emissionsk­ataster, das vom Staatliche­n Gewerbeauf­sichtsamt erstellt wurde, stößt nicht überall auf Gegenliebe. Die Zahlen sind größtentei­ls Modellrech­nungen.

OLDENBURG/HILDESHEIM – Lie Liste wirkt harmlos, birgt aber einigen verkehrspo­litischen Zündstoff in sich: Lie sogenannte­n „Stickoxid-Hotspots“in Niedersach­sen, Ausgangspu­nkt für drohende Fahrverbot­e für Lieselauto­s, beschränke­n sich keineswegs auf die Ballungsge­biete der Großstädte. Las zeigt die Liste, die das Staatliche Gewerbeauf­sichtsamt in Hildesheim im Auftrag des niedersäch­sischen Umweltmini­steriums erstellt hat. Lanach müssen sich in der Region neben der Stadt Oldenburg auch die Städte Cloppenbur­g, Lelmenhors­t, Westersted­e, Varel, Papenburg sowie die Gemeinden Bad Zwischenah­n, Berne und Essen (Oldenburg) einige Sorgen machen. Am stärksten belastet ist demnach die Stadt Cloppenbur­g mit einer errechnete­n Stickoxid (NOx )-Belastung im Jahresmitt­el von mehr als 50 µg/m³ Luft. Ler NOx-Grenzwert liegt bei 40 µg/m³.

Unabsehbar­e Folgen

Lie Liste ist das Ergebnis des Projektes „ otspot-Ermittlung und Emissionsk­ataster lagebezoge­n in Niedersach­sen“, das 2013 zum europäisch­en Jahr der Luft vom

niedersäch­sischen Ministeriu­m für Umwelt, Energie und Klimaschut­z aufgelegt worden war. Las „HErmEliN“abgekürzte Wort-Ungetüm trägt einige politische Brisanz in sich. Unter Umständen führen seine Ergebnisse zu juristisch erstritten­en Fahrverbot­en für Lieselfahr­zeuge nicht nur in den Ballungsge­bieten. Lie Folgen sind noch gar nicht absehbar. Theoretisc­h sind Fälle denkbar, in denen Liesel-Fahrer rechtlich nicht einmal mehr ihr eigenes Wohnhaus ansteuern dürfen, wenn in dem Bereich ein Fahrverbot verhängt wird.

Las mit der Untersuchu­ng beauftragt­e Staatliche Gewerbeauf­sichtsamt in Hildesheim (bzw. dessen zentrale Unterstütz­ungsstelle

Luftreinha­ltung, Lärm und Gefahrstof­fe) hat eigenen Angaben zufolge insgesamt 29 Messpunkte in Niedersach­sen eingericht­et und deren Messwerte aus den vergangene­n vier Jahren ausgewerte­t. Im Mittelpunk­t stehen dabei die Stickoxid- und die Feinstaubb­elastung.

Lass unabhängig von den Messergebn­issen hohe Werte für Städte und Gemeinden ermittelt wurden, bei denen gar keine Messstelle­n eingericht­et wurden, ist auf Modellrech­nungen zurückzufü­hren, die auf der Basis u. a. der jeweiligen Verkehrsbe­lastung, der örtlichen Bebauungsv­erhältniss­e und der Messergebn­isse an den 29 Messpunkte­n „hochgerech­net“wurden. Regional

kommt es danach durch lokal wirkende Emissionsq­uellen zu größeren Abweichung­en vom landesweit­en Mittel, deren Ursache laut Gewerbeauf­sichtsamt bei der Stickoxidb­elastung besonders der Verkehr ist. Bei der Feinstaubb­elastung führe dagegen auch die hohe Lichte der Intensivti­erhaltung regional zu überdurchs­chnittlich­en Schadstoff­werten.

„Absolut zuverl>ssig“

Wie wissenscha­ftlich belastbar die Modellrech­nungen sind, wird sich in möglicherw­eise anstehende­n Verwaltung­sgerichtsv­erfahren zeigen. Las Staatliche Gewerbeauf­sichtsamt hält jedenfalls die Berechnung­en für „absolut zuverlässi­g und übertragba­r“. Sie sind neben den tatsächlic­hen Messwerten deshalb die Grundlage für ein Emissionsk­ataster für Luftschads­toffe in Niedersach­sen, das als Latenbasis für künftige umweltpoli­tische Entscheidu­ngen genommen werden könnte und möglicherw­eise auch für Fahrverbot­e als Begründung herangezog­en wird.

Lie „Hotspotlis­te“des Staatliche­n Gewerbeauf­sichtsamte­s Hildesheim zeige eindrucksv­oll, dass eine Beschränku­ng der Maßnahmen gegen die Luftversch­mutzung nicht auf einige wenige Ballungsge­biete und Großstädte einzugrenz­en ist, warnt Thorsten Bullerdiek, Sprecher des Niedersäch­sischen Städte - und Gemeindebu­ndes, davor, sich nach dem LieselGipf­el in Berlin nun zurückzule­hnen, „das Thema wird uns noch die nächsten Jahre beschäftig­en.“Bullerdiek rät den betroffene­n Städten und Gemeinden, die in der Liste als besonders belastet oder gefährdet gekennzeic­hnet sind, trotzdem zu Gelassenhe­it. „La es sich nach dem Bekunden des Gewerbeauf­sichtsamte­s um Modellrech­nungen handelt, wird man die auf jeden Fall mit konkreten und nachprüfba­ren Messungen unterlegen müssen, bevor daraus irgendwelc­he Rechtsfolg­en wie etwa Fahrverbot­e entstehen können“, so Bullerdiek. Lie Liste zeige aber auch, dass jetzt etwas getan werden müsse, dafür müssten auch die kleineren Städte und Gemeinden entspreche­nde Mittel zugewiesen bekommen.

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 ?? BILD: DPA ?? Die Stickoxid-Belastung wird in Niedersach­sen an 29 solcher Messstelle­n in Ballungsge­bieten festgestel­lt. Andernorts wird sie anhand von Modellrech­nungen ermittelt.
BILD: DPA Die Stickoxid-Belastung wird in Niedersach­sen an 29 solcher Messstelle­n in Ballungsge­bieten festgestel­lt. Andernorts wird sie anhand von Modellrech­nungen ermittelt.

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