Abgehängt
Die neue Studie über die Lesekompetenz der Viertklässler muss die Politik wachrütteln, zu alarmierend ist der Befund. Fast jedes fünfte Kind kann inzwischen nicht mehr richtig lesen, wenn es die Grundschule verlässt. Da hilft es wenig, dass auch der Anteil der Spitzenschüler leicht gestiegen ist, vielmehr zeigt sich darin das Auseinanderklappen der Schere zwischen denjenigen mit guten Bildungschancen und den Abgehängten.
Dass der Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund gestiegen ist, erklärt nur einen Teil des Problems. Auch die Zahl der deutschen Kinder, für die Bücher Fremdkörper sind und die bei der Einschulung kaum wissen, wie man einen Stift zum Schreiben hält, wird größer. Wenn der Schalter nicht umgelegt wird, wächst eine Generation der Gescheiterten heran. Wer nach der vierten Klasse auch relativ einfache Text nicht versteht, kann den Rückstand kaum noch aufholen und wird auf Dauer abgehängt.
Um die Entwicklung zu stoppen, müssen viele Baustellen angegangenen werden: Es gilt, bundesweit schon im Vorschulalter Kinder auf ihre Sprachfähigkeit zu testen und bei großen Defiziten gezielt zu fördern. Der Bund muss den Bundesländern dabei unter die Arme greifen. Die Kultusminister sollten erfolgreiche Konzepte zur Leseförderung mit Hochdruck bundesweit umsetzen. Auch das Problem der zunehmend heterogenen Klassen – neben den Flüchtlingskindern sorgt die Inklusion für immer größere Niveauunterschiede – muss angegangen werden, etwa durch eine Lockerung des Schulsprengels, damit Schüler mit Schwierigkeiten besser verteilt werden. Notwendig ist nicht zuletzt ein dringender Appell an die Eltern, ihren Kindern vorzulesen und ein Vorbild zu sein.
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